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Es kommt immer mal wieder davor, dass jemand in Diskussionen über die Spielentwicklung oder in Kritiken (;-)) mal mehr, mal weniger offen Folgendes behauptet: "Meine Ansicht ist richtig und deine ist falsch, weil ich im Gegensatz zu dir Ahnung von der Materie habe". Es gibt mehrere Gründe, skeptisch zu sein:
Man muss grundsätzlich immer vorsichtig mit solchen Anschuldigungen sein und ggf. nochmal mit Distanz analysieren, ob solche Behauptungen wirklich im Raum stehen. Meistens interpretiert man da unbewusst mehr rein, als vielleicht für das Diskussionsklima gesund wäre. Wichtiger in dem Kontext, dass eine aufgeklärte Person mit einer anderen aufgeklärten Person spricht ist in meinen Augen aber, dass zwei richtige Meinungen nebeneinander existieren, sich voneinander unterscheiden, und dennoch beide legitim sein können. Man muss nicht in allem übereinstimmen, um sich einigen zu können, und es geht nicht darum, dass einer gewinnt oder die eine richtige Ansicht gefunden wird. Menschen haben verschiedene Prioritäten und Maßstäbe, und so lange diese offen dargelegt und erklärt werden, sollte es jemandem mit anderen Ansichten zumindest möglich sein, diese zu verstehen und nachzuvollziehen.
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- Wir wissen nicht, ob die Person Fachkenntnisse hat.
- Wir wissen nicht, ob die Person die Fachkenntnisse richtig anwendet.
- Wir wissen nicht, ob die Fachkenntnisse unsere Position tatsächlich ausschließen.
All das sollte sich aus dem Dialog ja ergeben, auch wenn wir nicht mit absoluter Gewissheit sagen können, ob diese Punkte gegeben sind, wenn wir nicht selbst Experten sind(Oder es behaupten.)
Ich bemerke aber, dass du hier möglicherweise nicht zwischen Fachexpertise und Erfahrung differenzierst.
Fachexpertise baut auf festen Maßstäben auf und geht mit einer erlangten Kompetenz einher, die schwer zu bestreiten ist und sich meist auch der Objektivität annähert.
Erfahrung hingegen ist erst mal einfach nur (Um beim Konsum zu bleiben) die Zeit und Anzahl von Spielen, Filmen oder Büchern, die ich aufgewendet habe. Der Wert und die Kompetenz eines Reviewers setzt sich zu großen Teilen daraus zusammen, dass er viele Filme gesehen, Spiele gespielt oder Starbucks-Fillialen getestet hat. Dazu gehört keine Expertise oder eine sonderliche Intelligenz, das hilft nur beim reviewen. Wenn ein solch 'Erfahrener' im Gegensatz zu mir also bereits tausende Filme gesehen oder tausende Spiele gespielt und sich mit diesen beschäftigt hat, traue ich ihm zu, eine gewisse Erfahrung zu besitzen und sich auszukennen. Sein Urteil hat für mich ein gewisses Gewicht. Ich finde es bringt wenig, jemandem diese Erfahrung abzusprechen, weil zum Erlangen keine besondere Leistung vonnöten ist und man - wie schon gesagt - schnell merken wird, ob die Erfahrung tatsächlich vorhanden ist.
War der Reviewer zusätzlich noch einige Jahre selbst handwerklich aktiv (Ob nun im Film, als Spieleentwickler oder was auch immer) kommen wir zur Expertise, wie etwa Satoshi Kon(rip) oder Hayao Miyazaki, die oft ausgesagt haben, es wären ihnen buchstäblich nicht mehr möglich, Anime zu sehen, ohne jedes einzelne Bestandteil und Element während dem Schauen außeinanderzunehmen. Das sind dann Erfahrung und Expertise, aber diese Dinge müssen sich nicht mischen und zum Reviewen von RPG-Makerspielen z.b. gehört keine Expertise, da reicht Erfahruhng, also die Anzahl von Spielen, die man gespielt hat. Im besten Fall bringt man noch etwas Expertise mit (Hintergrundwissen wie der Maker funktioniert bsp.)
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Natürlich gibt es wirklich Leute, die beurteilen können, ob andere Fachkenntnisse haben, nämlich die, die sie tatsächlich besitzen.
Wer besitzt Fachkenntnisse? In Segmenten wie Filmen, Anime oder Videospielen ist es einfach zu sagen 'Die Macher', aber ist es fair, allen Anderen die Expertise abzusprechen? Spielern, Filmveteranen, Reviewern, Journalisten? Hätten dann in der Makerszene auch nur die Entwickler Expertise? Ich glaube im Reviewen von Popkultur geht es nicht um Fachkenntnisse, und schon gar nicht im Makersegment.
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Ich bin mir jedenfalls ziemlich sicher, dass so gut wie jedes Argument schnell fadenscheinig wird, wenn jemand erklären müsste, warum ein Gameplay-Aspekt, eine Figur, ein Dialog oder eine Inszenierung kategorisch schlecht ist.
Der Laie aber schnappt irgendwo Fachbegriffe auf, liest mal, wie jemand sich mit dem Thema auseinandersetzt (und selbst vielleicht nur ein Laie ist) und verknüpft alles mit den eigenen Vorlieben.
Dann formuliert er Regeln, an die sich ein Werk halten muss, damit er unterhalten wird, und das ist an sich ja auch in Ordnung. Problematisch wird es, wenn der Laie glaubt, er würde sich wissenschaftlich mit dem Spiel auseinandersetzen, für andere Menschen sprechen und dass alle abweichenden Meinungen falsch wären. Jemand, der das macht, unterliegt einem Irrtum und unterschätzt mindestens die Komplexität der Kunst.
Wenn viele Laien eine Leidenschaft für etwas entwickeln formt sich daraus eine Community, die schließlich Regeln und Elemente dessen, was sie konsummieren, formuliert. Daraus entstehen dann Plattformen wie TVTropes.
Diese Regeln, Gesetze und Elemente, vielleicht auch Tropes, sind für niemanden bindend und das hat auch nie jemand irgendwo behauptet. Sie sind ein Indikator für die mögliche Qualität einzelner Aspekte eines Spiels oder Films, und so ist es als Reviewer natürlich wichtig, diese Regeln ein Stück weit zu kennen und anzuwenden.
Beispiel: Besteht ein Fantasyrollenspiel in seinem Hauptcast ausschließlich aus 8 althergebrachten Stereotypen, die in ihren Verhaltensmustern so festgefahren sind, dass wir das so und besser schon hundertmal gesehen haben, ist die Wahrscheinlichkeit enorm, dass das Writing und die Charaktere des Spieles weniger hochwertig und unterhaltend sind als in dem Rollenspiel mit besonderem Setting und neuartigen Charakteren. Es sei denn, man mag diese Stereotypen, aber das hat Grenzen und die meisten Leute tun es nicht.
Gäbe es keine Regeln, Tropes, Empfehlungen, Klischees, Instrumente und Richtwerte für die Popkultur, könnte man sich nach nichts richten. Es wäe nicht möglich, Reviews zu verfassen, die über 'Hat mir persönlich gefallen' hinausgehen. Aber nochmal, Person 1 kann eine hohe Priorität auf diese Regeln legegen während sie Person 2 am Allerwertesten vorbeigehen, und das ist okay, und beide können die Position des Anderen respektieren.
Kaum jemand geht wissenschaftlich an popkulturelle Medien heran, gerade im Review-Segment, weil das auch sehr schwer ist und dann schnell extrem theoretisch wird. Das behauptet glaube ich aber auch kaum jemand, sondern es werden - so meine Erfahrung mit Filmen, Serien, Büchern, Spielen und Pizzabars - Erfahrung und die jeweiligen Maßstäbe zu Rate gezogen, auf die sich möglichst viele Menschen einigen konnten.
Zu sagen jede andere Meinung wäre falsch und es gäbe nur einen richtigen Weg ist genau so engstirnig wie die Existenz von Mediums-Regeln zu leugnen.
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ein echter experte kann jede derartige Äußerung auch begründen und belegen.
das problem sind die Leute, die versuchen sich hinter einer solchen schutzbehauptung zu verstecken, eben weil sie ihre aussage nicht begründen können.
und diesen Unterschied merkt man normalerweise nach kurzer zeit, wenn derjenige sich intensiver in einem forum aufhält. Weil die Gründe werden abgefragt, sobald aussagen suspect sind und früher oder später zumindest umrissen.
Exakt. Wer sich als Experte ausgibt, muss auch liefern, und wer sich als Erfahrener ausgibt, der muss auch diese Erfahrung irgendwo zeigen. Einfach Behaupten und dann beim Nachfragen neckisch den Zeigefinger wedeln und 'Saaaag ich aber niiicht' zu grisen funktioniert noch in der Grundstufe, aber nicht in der Erwachsenenwelt. Meistens.