@Jitsu
Ich hätte eher an eine richtige, anonyme Studie mit mehreren Tausend Teilnehmern gedacht. In einem öffentlichen Forum ist es ja immer etwas problematisch, über Vorlieben und Abneigungen zu sprechen. Ich würde jedem wie gesagt auch davon abraten.
***
Für uns Entwickler ist es jedenfalls schon wichtig, ob die Hauptfigur einen signifikanten Teil der Spieler davon abhält, das Spiel zu spielen. Darüber kann man natürlich stehen, aber oft ist eine unkonventionelle Hauptfigur nicht das Alleinstellungsmerkmal des Spiels, sollte sie eigentlich auch nicht sein. Wenn wegen der Figur dann kaum einer das Spiel spielt, wäre das natürlich schon enttäuschend. Ich denke, den meisten Entwicklern werden solche Gedanken durch den Kopf gehen.
Ich möchte keine Umfrage aufmachen, sondern versuche mal, die Situation einzuschätzen, wobei meine Beobachtungen alles andere als repräsentativ sind, deswegen kann es gut sein, dass ich total daneben liege.
Geschlecht
Ich lasse mal nicht-binäre Geschlechter außer Acht, weil ich überhaupt nicht weiß, wie das Publikum darauf reagieren würde. Eigentlich sollte man ja annehmen, dass es in puncto Geschlecht die wenigsten Probleme geben sollte (nahezu 50:50 Verteilung), trotzdem kommt es nicht selten vor, dass jemand "Ich will aber einen Mann als Hauptfigur" in die Welt schreit. Andererseits spielen auch die Vorlieben eine wichtige Rolle, denn es ist ja nicht ungewöhnlich, dass jemand einen Avatar des "anderen" Geschlechts auswählt.
Hautfarbe bzw. Herkunft
Die große Mehrheit hat zwar eindeutige Vorlieben (man muss nur schauen, welche Hautfarbe gewählt wird, wenn man die Wahl hat), doch es ist (hoffe ich zumindest) nur eine Minderheit, die bestimmte Hautfarben ablehnt. Ich hatte jedenfalls nicht den Eindruck, dass z. B. Assassin's Creed: Origins unbeliebter ist, weil der Held ein (im weitesten Sinne) Ägypter ist.
Aussehen
Die meisten Menschen werden wohl sagen, dass Body Shaming falsch ist (um sich dann trotzdem privat über andere lustig zu machen, aber das ist ein anderes Thema), doch man kann nicht von der Hand weisen, dass jeder ästhetische Vorlieben hat. Und über die haben wir keine Kontrolle. Wie gesagt, niemand kann sich aussuchen, was man mag, man tut es einfach. Ich glaube, dass eine Hauptfigur, die z. B. deutlich dicker als der Durchschnitt ist, von vielen nicht akzeptiert werden würde, besonders dann, wenn es zum Genre dazugehört, dass die Figuren "attraktiv" sind. Ich kenne kein japanisches Rollenspiel mit einer dicken Hauptfigur (ich komme gerade auf die Spiele, weil dort die Figuren besonders niedlich und sexy sein müssen).
Identität
Eine knifflige Frage, denn es gibt ja kaum Beispiele für trans Hauptfiguren in (Maker)Spielen. Auch in anderen Medien fallen mir nur Beispiele ein, die sich um Transition und Trans-Feindlichkeit drehen, "casual trans" kenne ich so gut wie gar nicht. Ich würde also zumindest davon ausgehen, dass Verlage, Produzenten und die Kunstschaffenden selbst die Akzeptanz beim Publikum eher für niedrig halten.
Körperliche und geistige Einschränkungen
Über das Thema wurde im Thread ja schon gesprochen. Es gibt einige blinde Hauptfiguren, aber die haben meistens Superkräfte, mit denen sie die Blindheit kompensieren können. Fehlende Arme oder Beine werden durch kybernetische Prothesen ersetzt, die oft sogar stärker als die natürlichen Körperteile sind. Werden Behinderungen nur akzeptiert, wenn sie kaum einschränken? Stichwort Intelligenzminderung: Es gibt zwar eine Menge Figuren, die übertrieben einfältig sind, aber mir fallen kaum welche ein, die eine Intelligenzminderung im medizinischen Sinne haben sollen, es sei denn, sie ist Dreh- und Angelpunkt der Geschichte.
Psychische Krankheiten
Ich hab das Gefühl, dass psychische Krankheiten oft nicht "richtig" dargestellt werden, besonders in japanischen Medien. Zunächst mal wird nur ganz selten von einer Krankheit gesprochen. Die Figuren verhalten sich aber so, dass ich schon von einer sprechen würde. Doch für die Autoren ist sie nur ein Vehikel für Konflikte und Charakterentwicklung, sie wird meistens innerhalb von einem Kapitel/einer Episode geheilt, indem eine andere Figur "Das wird schon wieder" sagt. In der Realität haben viele Menschen große Schwierigkeiten, ihre Mitmenschen mit psychischen Problemen zu verstehen. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass viele denken: "Die übertreiben nur und gehen mir damit auf den Sack." Eine psychisch kranke Figur, die sich realitätsnah verhält, würde vermutlich von vielen nicht akzeptiert werden.