Die Qualität von Geschichten

  • Ich fände es nämlich extrem störend, wenn jeder Kritiker seine eigene Messlatte anlegen würde.

    Aber exakt das macht jeder Kritiker. Ein Kritiker ist ein Mensch wie jeder andere auch und jeder Mensch ist widersprüchlich, voreingenommen und von seinen Emotionen gesteuert. Es kann keine objektiven Maßstäbe geben, weil das eine Perfektion voraussetzen würde, die allenfalls eine logische Maschine hätte (die aber hoffnungslos bei der Einschätzung der emotionalen Seite versagen würde). Selbst die Rechtschreibung ist in ihrer Bewertung nicht objektiv. Zwar gibt es (nahezu) eindeutige Regeln, aber jedem ist selbst überlassen, wie schwer für ihn Rechtschreibfehler wiegen.


    Ich habe noch keine Kritik gesehen, egal ob von Kritikern, die ihr Geld damit verdienen, oder denen, die es nicht tun, die auf klar umrissenen Maßstäben beruht hat. Die meisten behaupten das auch gar nicht.

  • Eigentlich ist die Frage nach der Qualität von Geschichten schnell beantwortet: Eine Geschichte ist dann gut, wenn die Mehrheit der Spieler sie gut findet.


    Das gilt aber nur dann, wenn ausreichend Spieler die Geschichte erleben / beurteilen und nicht 99 % der Spieler aus deinem engsten Freundeskreis bestehen, denn die werden dir immer sagen, dass du das alles ganz fantastisch umgesetzt und spitzenmäßig erzählt hast. Aber der Reihe nach: Warum sag ich, dass die Mehrheit der Spieler die Geschichte gut finden muss, damit man für sich selber daraus ableiten kann, dass sie auch wirklich gut ist? Ganz einfach: wenn ein Spieler kritisiert, dass deine Geschichte keinen roten Faden hat, dann ist das erstmal seine Meinung. Über die kann man nachdenken und ggf. Anpassungen vornehmen. Aber das ist zunächst mal nicht repräsentativ. Haben 50 weitere Spieler, die dein Spiel spielen, dieselbe Meinung, dann ist diese Meinung aber offensichtlich gar nicht mal so subjektiv.


    Menschen konsumieren Geschichten: Sie lesen Bücher, zocken Spiele, schauen Serien und Filme... Beispiele für gute und schlechte Geschichten sind genug da und die Leute können anhand dessen vergleichen, was sich vom Niveau her darüber, darunter oder genau im Rahmen bewegt. Bei guten Serien schaust du eine Staffel in 2 Tagen durch. Bei schlechten Serien schalten die Leute nach zwei Folgen ab.


    Zu guter letzt mal Hand auf's Herz: Wir kaufen alle lieber Spiele auf Steam, welche von den Bewertungen her "Sehr positiv" anstatt nur "Überwiegend positiv" sind. Die Masse macht's und die Anzahl zufriedener Konsumenten ist ein Indikator dafür, dass du was richtig gemacht hast.

  • Aber exakt das macht jeder Kritiker.


    Das sehe ich natürlich anders. ;) Die Krux liegt m.E. ich nicht darin, dass jeder Kritiker einen anderen Maßstab verwenden würde, doch mag jeder etwas anders mit den vorgegebenen Werkzeugen umgehen. So oder so ist auch eine Kritik wieder kritisierbar, auch deine Kritik an der Kritik.


    Damit ein Text ankommt, ist es meines Erachtens wichtig, zu den diskutierten Begrifflichkeiten Übereinkünfte zu treffen. Teilweise habe ich das Gefühl, wir beide benutzen unterschiedliche Wörterbücher. Es wäre daher vielleicht doch eine gute Idee gewesen, oben (d)eine Definition von Qualität vorzugeben. :)

  • (d)eine Definition von Qualität vorzugeben

    Ich denke nicht, dass das so einfach ist, da die Qualität mMn zu großen Teilen eine subjektive Ansicht ist und sich aus unterschiedlichen Gesichtspunkten zusammensetzen kann. Ausgehend davon würde ich eine Definition von Qualität noch am ehesten so geben, wie Tw0Face sie beschrieben hat:

    Eine Geschichte ist dann gut, wenn die Mehrheit der Spieler sie gut findet.

    Das mag zwar eine eher schwache Definition von Qualität sein, die dafür aber recht allgemeingültig angesehen werden kann.

    Natürlich muss das trotzdem nicht immer zutreffen, wenn z.B. etwas nur um des Hasses willen von vielen als "schlecht" angesehen wird, oder nur der Anfang nicht so gut ist und viele Leute danach aufhören und es als "schlecht" betiteln, obwohl der Rest gut ist.

  • @Forelle

    Du darfst aber nicht vergessen, dass Menschen immer Intentionen haben und bestimmten Ideologien folgen. Selbst wenn es vorgeschriebene Werkzeuge gäbe, ist es nicht nur die Frage, wie diese Werkzeuge eingesetzt werden, sondern auch, was der Einsetzende für Ziele hat. Jeder könnte jedes Werk verreißen (und das wird ja auch getan), es gibt nichts, das keine Angriffsflächen hat und wenn man sie sich erst ausdenken muss.


    Ich glaube aber nicht, dass irgendjemand, der seine Meinung zu einer Geschichte sagt, auf klar definierte Werkzeuge zurückgreift, alleine schon deswegen, weil es außerhalb der Naturwissenschaften gar nicht möglich ist, etwas klar zu definieren. Menschen haben meistens nur eine Idee einer Definition. Und wie gesagt, ich habe noch nie eine Kritik gesehen, die nicht subjektiv war.


    Eine möglichst objektive Definition von Qualität ist das, was Tw0Face schrieb: Je mehr Menschen ein Unterhaltungsmedium gefällt, desto besser ist es, weil die Unterhaltung der Zweck eines Unterhaltungsmediums ist.


    Und auch ich selbst bin davon abgegangen, Geschichten in anspruchsvoll und anspruchslos aufzuteilen. Sicher, ich mag gewitzte Dialoge, interessante Wendungen und facettenreiche Figuren, aber genauso schaue ich auch gerne Ballerfilme. Warum sollte ich sagen, dass die eine geringere Qualität haben? Also definiere ich Qualität auch persönlich so: Je besser mir etwas gefällt, desto höher ist die Qualität. Etwas spezifischer kommt es auf die Art der Geschichte an. Von einer Liebesgeschichte erwarte natürlich etwas anderes als von Action.

  • Eine Geschichte ist dann gut, wenn die Mehrheit der Spieler sie gut findet.

    Und auch Hotzenplotz : Dann landest du früher oder später bei "Millionen Fliegen können nicht irren: Schei*e schmeckt gut!" Ich finde das zeigt zwar drastisch aber treffend, dass mit so einer Definition praktisch nichts anzufangen ist.

    Zudem wird es auch immer eine große Menge an potentiellen Nutzern, Zuschauern, usw. geben die das betreffende Dings nicht anrühren. Die werden von dieser Definition gar nicht erst erfasst. Wer legt fest, wann eine "Mehrheit" erreicht ist? Die Mehrheit wovon? 1 Mio Spieler sind unter Umständen eine verschwindend kleine Minderheit.


    Deshalb hilft eine Übereinkunft, worüber man eigentlich redet. In diesem Fall über Qualität? Oder nur über Geschmack? Für mich ist die Qualität etwas messbares; sozusagen der (überprüfbare) Zustand des jeweiligen Dinges, eine harte Eigenschaft. Und daher finde ich gut ^^ wenn man eine flache Geschichte auch flach nennen darf, eben weil das eindeutig ist und eine Eigenschaft der Geschichte. (Zunächst) wertfrei.


    "Gut" und "schlecht" hingegen sind einerseits Synonyme diese tatsächliche Qualität, sei es auch nur in Teilapekten ("Die Wurst ist schlecht, da ist Schimmel drauf."), bewerten andererseits aber eben auch allgemeinsprachlich alle möglichen Dingse, ohne dass es hierbei um messbare Qualität geht ("Boah, der Film war voll gut!" "Weißt du was voll gut wäre? - Wenn wir uns jetzt so richtig zulöten!").


    Bei der Wurst ist das ziemlich eindeutig, die ist verdorben und die darf ich auch verdorben nennen. Doch sagt das nichts darüber, ob die Wurst im unverdorbenen Zustand ein qualitätsvolles Dings war. Das können wir aber erfassen. Enthält sie keine Geschmacksverstärker, Schadstoffe, Schwermetalle etc? Stammt sie von einst glücklichen, aber nun hoffentlich toten Tieren aus der Region? usw. usw. Übrigens, selbst wenn in meinem Haus 3 von 5 Personen, Vegetarier sind und Wurstverzehr mehrheitlich ablehnen (= schlecht finden), so kann die Wurst dennoch - objektiv betrachtet - ein Qualitätsprodukt sein. Analog gilt Ähnliches für Stühle, Gardinen, Nachrichten - und Geschichten. Man muss halt wissen worüber man befindet. Meine Meinung.

  • selbst wenn in meinem Haus 3 von 5 Personen, Vegetarier sind und Wurstverzehr mehrheitlich ablehnen (= schlecht finden), so kann die Wurst dennoch - objektiv betrachtet - ein Qualitätsprodukt sein.

    Deswegen habe ich es ja auch als eine eher schwache Definition von Qualität bezeichnet, eben weil es durchaus Fälle gibt, in denen die Definition nicht oder nicht so gut greift.

    Im übrigen sprichst du da einen wichtigen Punkt bei deinem Beispiel mit der Wurst an: Qualität setzt sich aus mehreren Teilen zusammen (in deinem Beispiel Geschmacksverstärker, Schadstoffe, etc.). Gerade deshalb behaupte ich, dass es nicht einfach ist, eine Definition von Qualität festzulegen.

    Zum einen: Je nach Gegenstand unterscheiden sich die Teile, aus denen sich die Qualität zusammensetzt.

    Zum anderen: Wer kann denn allgemeingültig festlegen, aus welchen Teilen sich die Qualität zusammensetzt?

    Klar kann man jetzt ja z.B. Unternehmen wie Stiftung Warentest anführen, die die Sachen nach ihren Kriterien beurteilen, aber das sind sie eben auch nur: IHRE Kriterien. Ob man das jetzt als allgemeingültige Kriterien zur Beurteilung von Qualität einführen kann, halte ich für fraglich. Natürlich werden sich hier und da Kriterien der Stiftung mit denen von anderen Menschen überschneiden, dennoch sind das bei der Stiftung auch nur Menschen, die die Wertungskriterien nach ihrem Ermessen und Maßstäben und vielleicht noch den durch unser Gesetz festgelegten Minimal-Standards festgelegt haben.

  • Ich muss mich jetzt doch auch mal hier einklinken.


    Ich finde es sehr schwierig einen Gegenstand als "gut" oder "schlecht" zu bewerten, wenn keine Bewertungsmatrix oder Zielsetzung vorgegeben ist. Um mal beim Beispiel der Wurst zu bleiben: Eine schimmlige Wurst als "schlecht" zu bezeichnen mag auf den ersten Blick offensichtlich wirken. Man kann sie schließlich nicht mehr essen. Und wie Quajutsi und Forelle richtig gesagt haben, gibt es für den Verzehr bestimmte Kriterien, die man erfüllt wissen will, um von guter Qualität zu sprechen. Es sollte gut schmecken, keine ungesunden Stoffe beinhalten, etc. Das wären dann die Maßstäbe anhand derer man die Güte einer Wurst zum Verzehr relativ objektiv bewerten kann.


    Aber woher weiß ich denn, ob der Verzehr tatsächlich das ist, was der Verbraucher mit der Wurst vorhat? Vielleicht möchte jemand die Wurst kompostieren, oder gezielt Bakterien züchten. Vielleicht braucht jemand Biomasse für seinen futuristischen Generator oder sucht ein Modell, um Schimmel besser malen zu können. Abhängig davon welches dieser Ziele mit er Wurst verfolgt werden soll, sind andere Maßstäbe anzulegen. Der Maler sucht vielleicht eine Wurst mti besonders buntem Schimmel, die Person die die Wurst kompostieren möchte interessiert hingegen nur die Zusammensetzung. Aber hat man mal eines dieser Ziele festgelegt, kann man relativ objektiv bestimmen, ob sich die Wurst zu diesem Zweck eher gut oder schlecht eignet. Natürlich sind diese anderen möglichen Ziele bei einer verschimmelten Wurst etwas weit hergeholt. Man könnte sich recht schnell darauf einigen, (oder sogar empirisch erfassen), dass der absolute Großteil der Leute, die sich eine Wurst kaufen diese auch für den Verzehr vorsehen.


    Aber wenn man nun zum Videospiel zurückkommt, wird es schon nicht mehr so einfach ein einziges Ziel festzulegen, das ein Benutzer eines Spiels erreichen möchte. (Vom Ziel des Autors/Entwicklers sprechen wir hier mal gar nicht erst, da würden wir ein ganz anderes Fass mit aufmachen)


    Möchte der Spieler eine fesselnde Geschichte lesen? Will er in eine detaillierte Spielwelt immersiert werden? Will er taktisch herausforderndes Gameplay? Will er einfach gedankenverloren Gegner abballern? Will er durch humorvollen Inhalt zum Lachen gebracht werden? Will der Spieler die Spielwelt benutzen um selbst kreativ zu werden (Beispiel: Bauen in Minecraft)?
    Natürlich könnte man alle diese Erwartungen an das Spiel als "Der Spieler möchte unterhalten werden" zusammenfassen, aber ich finde das ist recht unpräzise und wie ja schon in diesem Thread festgestellt wurde, ist es nicht unüblich, dass man auch als Spieler zwischen solchen Spielen teilweise recht bewusst unterscheidet. Man möchte nicht einfach nur unterhalten werden, man hat eine feste Vorstellung, auf welche Weise man gerade unterhalten werden möchte. Man könnte also sagen, dass Unterhaltung zwar der grob übergeordnete Zweck eines Spieles ist, aber solche unterschiedlichen Modi der Unterhaltung vorliegen (fesselnde Geschichte/Immersion/taktisches Gameplay/ballern/kreatives Wirken).

    Kann man jetzt einen solchen Modus bei einem Spiel identifizieren, könnte man sich vielleicht auf Maßstäbe einigen um zu bewerten ob oder auf welche Weise der Modus bedient wird.

    Ich denke es könnte nützlich sein auf diese oder ähnliche Weise den Unterhaltungswert eines Spiels greifbarer zu machen, denn wie schon festgestellt wurde, ist es schwierig die Qualität von Spielen zu vergleichen, die auf ganz unterschiedliche Weise unterhalten wollen/sollen. Findet man aber beispielsweise zwei Spiele, die hauptsächlich durch taktisches Gameplay unterhalten, kann man beginnen genauer zu untersuchen, auf welche Weise das geschieht. Was machen die Spiele, die man als "schlecht" empfindet anders als solche, die man "gut" findet? Lassen sich gemeinsam Elemente festlegen, die bei "guten" Spielen dieses Unterhaltungsmodus oft zutreffen? Solche Elemente könnte man dann als Maßstab betrachten.

    So eine Herangehensweise kommt natürlich auch nicht ohne Schwierigkeiten aus. Was tut man zum Beispiel mit Spielen, die nicht nur über einen solchen Modus unterhalten, sondern gleich mehrere haben? Wie genau trennt man ähnliche solcher Modi (ist gedankenloses Ballern gleichzusetzen mit gedankenlosem Schnetzeln bei Hack and Slay Spielen?)? Gibt es einen Unterschied zwischen Spieltechnischen und narrativen Modi? Sind solche Modi grundlegend durch Genre diktiert oder gibt es Genres, die keinen festen Modus haben? Ist es "besser", wenn ein Spiel einen solchen Modus sehr stark bedient, oder wenn mehrere solcher Modi teilweise herangezogen werden? Wer legt fest, welches Spiel welchen Modus bedient bei Spielen, die auf unterschiedliche Weise gespielt werden können?




    TLDR: Es könnte sinnvoll sein, die Weise, in der ein Spiel unterhält genauer zu benennen um sich auf objektivere Maßstäbe zu einigen, anhand derer diese Form der Unterhaltung analysiert werden kann.

  • @Forelle

    Und dennoch trifft der Spruch zu. Diese Millionen irren sich nicht, weil sich niemand beim Geschmack irren kann. Das ist der Knackpunkt. Fragst du eine repräsentative Menge (die tatsächliche Zahl ist nicht wichtig) und die große Mehrheit sagt, dass ein Spiel gut ist, dann kann eine Minderheit zwar sagen: "Nach unseren Maßstäben ist es aber nicht gut", aber diese Minderheit kann die Mehrheit nicht überstimmen. Sie kann nicht sagen: "Unsere Ansicht ist richtig und eure falsch."


    Zitat

    wenn man eine flache Geschichte auch flach nennen darf, eben weil das eindeutig ist und eine Eigenschaft der Geschichte.

    Es ist aber überhaupt nicht eindeutig, wann eine Geschichte flach ist, wann eine Geschichte tief ist, wann eine Geschichte anspruchsvoll ist. Das sind sehr vage Begriffe. Wie gesagt passiert es nicht selten, dass jemand eine Geschichte tiefgründig findet, die ich für genau das Gegenteil halte und umgekehrt. Eigentlich kann auch niemand wissen, wann eine Geschichte tief ist, sondern höchstens eine Idee davon haben.


    Was den Vergleich mit der Wurst betrifft, denke ich, dass wir bei Unterhaltungsmedien bleiben sollten.


    Ich stimme Sevarihk zu, dass der Unterhaltungswert der gröbste aller Maßstäbe ist und sich dahinter konkretere Erwartungen verstecken. Aber wenn zum Beispiel 90% der Spieler ein Spiel als gut bewerten, dann würde ich annehmen, dass die Erwartungen auch überwiegend erfüllt wurden. Bei größeren Mengen ist es sicher schwierig zu erfassen, inwieweit die individuellen Erwartungen erfüllt wurden.


    Ich möchte noch mal ins Gedächtnis rufen, worum es mir eigentlich geht: Ich bin der Ansicht, dass es innerhalb der Unterhaltungskunst keine objektiven Maßstäbe gibt, auf deren Grundlage gesagt werden kann, dass eine Meinung objektiv richtig oder falsch ist. Kurz gesagt: Niemand kann sagen: "Ich hab recht und du nicht."


    Zitat

    @Sevarihk
    Es könnte sinnvoll sein, die Weise, in der ein Spiel unterhält genauer zu benennen um sich auf objektivere Maßstäbe zu einigen, anhand derer diese Form der Unterhaltung analysiert werden kann.

    Das denke ich auch. Nur frage ich mich, ob die Schwierigkeiten nicht schon dann anfangen, wenn es darum geht, das Ziel eines Spiels zu benennen, ohne dabei auch wieder nur ziemlich vage zu bleiben.

  • Fragst du eine repräsentative Menge (die tatsächliche Zahl ist nicht wichtig) und die große Mehrheit sagt, dass ein Spiel gut ist, dann kann eine Minderheit zwar sagen: "Nach unseren Maßstäben ist es aber nicht gut", aber diese Minderheit kann die Mehrheit nicht überstimmen. Sie kann nicht sagen: "Unsere Ansicht ist richtig und eure falsch."


    Die postulierte Mehreit kann doch aber ebenfalls nicht sagen "Unsere Ansicht ist richtig und eure falsch." Damit drehen wir uns im Kreis, weil es bei Meinungen kein Richtig und Falsch gibt. Es gäbe dann eine Mehrheit der X besser gefällt, aber damit wird X trotzdem nicht objektiv gut. Und auch die Mehrheit kann der Minderheit nicht vorschreiben welche Meinung sie zu haben hat.

    Zitat

    Ich möchte noch mal ins Gedächtnis rufen, worum es mir eigentlich geht: Ich bin der Ansicht, dass es innerhalb der Unterhaltungskunst keine objektiven Maßstäbe gibt, auf deren Grundlage gesagt werden kann, dass eine Meinung objektiv richtig oder falsch ist. Kurz gesagt: Niemand kann sagen: "Ich hab recht und du nicht."


    Dass es sehr wohl objektive Maßstäbe gibt, an denen man verschiedene Aspekte der Qualität – auch die einer Geschichte (siehe Überschrift) - fest machen kann, wurde schon wiederholt von verschiedenen Diskutanten geschrieben. Ich will das jetzt weder wiederholen noch vertiefen, aber Qualität und Meinung sind doch zwei Paar Schuhe. Qualität beschreibt nicht richtig oder falsch. Es geht dabei um Merkmale und Eigenschaften.


    Und diese Eigenschaften sind für die meisten von uns dafür ausschlaggebend, ob wir die Geschichte mögen. Objektive Kritiken, von denen ich übrigens zahlreiche kenne, beschreiben genau diese Eigenschaften und zwar ohne eigene Wertung. „Flach“ ist eine solche Eigenschaft (auch wenn du nicht anerkennst, dass es flache Geschichten gibt). Ebenso die pure Anzahl der Helden, ein spannungsgeladener Plot, weitschweifige Dialoge, möglicherweise vorhandene Recherchefehler, präzise treffende Übersetzungen, wiederkehrende Stilbrüche, flüssiger Erzählstil, deutliche Rechtschreibschwächen oder besonders originelle Ausdrucksweise u.s.w. Diese ziemlich ungeordnete Aufzählung ist noch lange nicht vollständig.


    Wie stark diese Eigenschaften bei einer Bewertung ins Gewicht fallen, das überlassen gute Kritiken dir und mir. Eine erste Meinung kannst du dir anhand der Kritik selbst bilden, bevor du die Geschichte zur Hand nimmst. Das von dir beklagte Recht haben wollen sehe ich da nicht.


    Wenn es dir hier nur und vor allem um richtige und falsche Meinungen geht, brauchen wir eigentlich nicht zu reden. Dass Meinungen nicht per se richtig oder falsch sein können ist banal. Es fehlt einfach ein gemeinsamer Bezugspunkt.

  • Ja, auch die Mehrheit kann niemandem vorschreiben, welche Meinung richtig ist. Das widerspricht aber nicht Tw0Faces Position. Wie gesagt, ein Unterhaltungsmedium hat das Ziel zu unterhalten. Um die Frage zu beantworten, ob dieses Ziel erfüllt wurde, kann man schauen, wie viele Menschen es unterhalten hat. Das ist kein objektiver Maßstab, weil es Objektivität nicht gibt, aber er kommt der Objektivität näher als jeder andere. Entscheidend ist für mich jedoch nur, dass eine einzelne Person oder eine kleine Gruppe nicht behaupten kann, dass ihre Maßstäbe objektiver (besser) sind als die der anderen.


    Jede Meinungsäußerung, die ich je über ein Unterhaltungsmedium gelesen hab - und auch dort gibt es neutral betrachtet keine guten und schlechten - ist immer eine Meinung gewesen. Unabhängig davon, ob jemand über Qualitätskriterien schreibt oder nicht. Subjektiv findet man die eine besser als die andere, aber niemand kann anderen vorschreiben, eine Kritik gut zu finden. Das ist immer das gleiche Spiel. ;-)


    Ich hab selbst schon Geschichten flach genannt, aber mir ist bewusst, dass solche Begriffe eigentlich nichtssagend sind. Das sind die Tücken der Kommunikation. Man hat oft eine Idee, was mit einem Begriff gemeint ist, aber oft liegen die Ansichten auch ziemlich weit auseinander, vor allem, wenn es darum geht, Geschichten dann tatsächlich einzuordnen. Was ist eine flache Geschichte und warum ist eine flache Geschichte objektiv schlecht? Die pure Anzahl der Helden lässt sich zwar eindeutig feststellen, aber inwieweit ist die Menge ein objektives Qualitätskriterium? Spannung ist zwar für die meisten Menschen ein wichtiger Unterhaltungsfaktor, doch was tatsächlich spannend ist und was nicht, das ist umstritten. Auch hier kann wieder niemand bestimmen: "Diese Handlung ist objektiv spannend." Man kann zwar analysieren, welche Mittel eingesetzt werden, um Spannung zu erzeugen, was jedoch nicht bedeutet, dass die Mittel bei jedem wirken. Die einen mögen gewitzte Dialoge, die anderen finden sie zu künstlich (niemand würde so sprechen). Die einen bevorzugen einfache Umgangssprache, die anderen die Bandwurmsätze der alten Tage. Wieder kann analysiert werden, wie Dialoge geschrieben wurden und welche Wirkung erzielt werden soll, doch das ist keine Wertung. Fehler bei der Recherche ließen sich in der Theorie eindeutig feststellen, in der Praxis wirft jedoch jede Seite der anderen vor, die Wissenschaft zu missachten (als Beispiel nenne ich mal Diskussionen über historische Authentizität). Übersetzungsfehler können neutral festgestellt werden, oft wird aber eher über die Frage gestritten, wie stark die Übersetzung an die Sprache angepasst werden sollte, in die übersetzt wird. Was genau du unter einem Stilbruch verstehst, weiß ich nicht, deswegen lasse ich den mal aus und ein flüssiger Erzählstil ist wie die Spannung sehr vom Auge des Betrachters abhängig. Die Rechtschreibung lässt sich natürlich wie kaum etwas anders objektiv prüfen, der Ausdruck ein Stück weit, wobei sich auch hier die Frage stellt, ob zum Beispiel ein kindlicher Ausdruck kategorisch schlecht ist.



    Zitat
    Wie stark diese Eigenschaften bei einer Bewertung ins Gewicht fallen, das überlassen gute Kritiken dir und mir. Eine erste Meinung kannst du dir anhand der Kritik selbst bilden, bevor du die Geschichte zur Hand nimmst. Das von dir beklagte Recht haben wollen sehe ich da nicht.

    Sobald eine Kritik wertet, überlässt sie es nicht mehr alleine mir, und die meisten Aussagen enthalten eine Wertung. Natürlich impliziert nicht jeder, Recht zu haben, mir geht es allerdings gerade um die Leute, die es tun.


    Zitat
    Wenn es dir hier nur und vor allem um richtige und falsche Meinungen geht, brauchen wir eigentlich nicht zu reden. Dass Meinungen nicht per se richtig oder falsch sein können ist banal.

    Das würde ich nicht sagen. Die meisten Diskussionen drehen sich letztendlich um die Frage, ob eine Meinung richtig ist oder nicht, obwohl eigentlich jeder wissen sollte, dass diese Frage gar nicht beantwortet werden kann. Mir geht es aber vor allem um die Stimmen, die sagen, dass ihre Meinung richtig ist und die der anderen falsch. Dem möchte ich das entgegenhalten, was du gerade geschrieben hast und jede Kritik ist für mich wie gesagt auch nur eine Meinung.

  • Entscheidend ist für mich jedoch nur, dass eine einzelne Person oder eine kleine Gruppe nicht behaupten kann, dass ihre Maßstäbe objektiver (besser) sind als die der anderen.

    Ich glaube, hier liegt ein Knackpunkt in der Diskussion. Objektiv zu beurteilen bedeutet per Definition, dass man etwas nach – auch für Außenstehende - nachvollziehbaren, klaren (logischen) Kriterien beurteilt.


    Solche Kriterien vermisse ich bei deinem Ansatz. „Mag ich“ ist kein nachvollziehbares Kriterium. Auch nicht, wenn man „mag ich“ mal zweihundert nimmt. „Kaffee mag ich, weil er mich wach hält, weil er so schön riecht, weil Schokokuchen damit gleich doppelt so lecker schmeckt“ - nachvollziehbar. Niemand muss darin zustimmen, aber jeder kann nachvollziehen was mich Kaffee mögen lässt. „Kaffee mag ich, weil ich ihn mag“ ist nicht hingegen nachvollziehbar und nicht logisch. Btw. gut ist Kaffee deshalb noch lange nicht. Das gilt analog auch für Unterhaltungsmedien und Geschichten. ;)


    Zitat

    Was ist eine flache Geschichte und warum ist eine flache Geschichte objektiv schlecht?

    Eine flache Geschichte ist weder gut noch schlecht, sie ist nur flach. :)


    Ähnliches gilt auch für deine anderen Repliken. Allein dadurch dass ich Dinge aufzähle wie sie sind, werte ich nicht. Manche Kriterien geben womöglich nur Anhaltspunkte oder Marker, in der Gesamtheit jedoch ermöglichen sie ein von Meinungen unabhängigeres Bild.


    Zitat

    inwieweit ist die Menge ein objektives Qualitätskriterium?

    Menschen verlieren bei wachsenden Mengen ziemlich rasch die Übersicht und gewöhnlich auch das Interesse. Die reine Menge an Helden ist also eine Art Ausrufezeichen, sein Augenmerk etwas mehr als gewöhnlich auf die Verknüpfung dieser Heldengeschichten zu achten, auf das Drumherum.

    Eine entsprechende Kritik hier im Forum könnte so aussehen: „Hast du mal überprüft, ob Spieler der Handlung deiner Geschichte noch folgen können? Mir scheint du hast zu viele Geschichten parallel laufen, beispielsweise geht an Stelle X nicht klar hervor zu welcher Storyline X gehört.“ Oder schlicht „Zwölf Helden kämpfen um das Amulett der Schatten – und um die Gunst des Spielers.“ Da darfst du dir als Leser dann selbst aussuchen ob 12 zu viel ist oder nicht und als Spieler ob das Spiel episch ist oder chaortisch.


    Zitat

    Man kann zwar analysieren, welche Mittel eingesetzt werden, um Spannung zu erzeugen, was jedoch nicht bedeutet, dass die Mittel bei jedem wirken.

    Genau. Beschreibt meine Kritik die Mittel die eingesetzt werden, um Spannung zu erzeugen, dann kannst du anhand der Beschreibung selbst entscheiden ob die Geschichte für dich das richtige sein könnte. Easy going.

    Zitat

    Wieder kann analysiert werden, wie Dialoge geschrieben wurden und welche Wirkung erzielt werden soll, doch das ist keine Wertung.

    Eben. Wenn die Qualität (einer Geschichte) objektiv dargestellt werden soll, dann ist es wichtig zu *be*schreiben.


    Zitat

    Fehler bei der Recherche ließen sich in der Theorie eindeutig feststellen, in der Praxis wirft jedoch jede Seite der anderen vor, die Wissenschaft zu missachten (als Beispiel nenne ich mal Diskussionen über historische Authentizität).

    Meines Erachtens schüttest du in diesem Faden gern das Kind mit dem Bade aus, schließt zu oft vom Besonderen aufs Allgemeine: Weil es wissenschaftlichen Streit um X gibt, sind gleich sämtliche Recherchefehler nur theoretisch welche? Schwerlich. Diesen Tick benutzt du für meinen Geschmack etwas zu oft. :|




    Wie auch immer, meinen Standpunkt habe ich meines Erachtens ausgiebig genug dargelegt. Vermutlich habe ich mich dabei ziemlich blöd ausgedrückt. Jedenfalls werde das Gefühl nicht los, dass wir zu häufig über verschiedene Dinge reden, obwohl wir doch die gleichen Begriffe benutzen.
    Für mich wars das an dieser Stelle, ich habe wieder viel zu viel Geschrieben. :):S

  • Ich glaube, hier liegt ein Knackpunkt in der Diskussion. Objektiv zu beurteilen bedeutet per Definition, dass man etwas nach – auch für Außenstehende - nachvollziehbaren, klaren (logischen) Kriterien beurteilt.

    Nein, das stimmt so nicht. Objektiv heißt, dass etwas so beurteilt wird, wie es tatsächlich ist. Die Erde ist keine Scheibe. Und auch wenn das für die Flat Earth Society nicht nachvollziehbar ist, ist das trotzdem so. ^^

    Solche Kriterien vermisse ich bei deinem Ansatz. „Mag ich“ ist kein nachvollziehbares Kriterium. Auch nicht, wenn man „mag ich“ mal zweihundert nimmt. „Kaffee mag ich, weil er mich wach hält, weil er so schön riecht, weil Schokokuchen damit gleich doppelt so lecker schmeckt“ - nachvollziehbar. Niemand muss darin zustimmen, aber jeder kann nachvollziehen was mich Kaffee mögen lässt. „Kaffee mag ich, weil ich ihn mag“ ist nicht hingegen nachvollziehbar und nicht logisch. Btw. gut ist Kaffee deshalb noch lange nicht. Das gilt analog auch für Unterhaltungsmedien und Geschichten. ;)

    Du hast hier zwei Situationen:

    • Jemand erzählt dir, dass er Kaffee mag und erklärt dir, was er daran so toll findet.
    • Jemand erzählt dir, dass er Kaffee mag, aber er erklärt dir nicht, warum.

    Das ist also auch keine Unterscheidung in subjektiv und objektiv, sondern zweimal derselbe Fall: da mag jemand offenbar Kaffee. Ob das (mit oder ohne Begründung) für dich Sinn macht, ist erstmal egal. Die Person wird deswegen trotzdem weiter Kaffee trinken.


    Übertrag das auf Spiele. Du entwickelst ein Spiel und den Leuten wird es gefallen oder nicht. Die wenigsten Spieler werden dir eine riesige Liste verfassen, die alle Punkte enthält, die sie an deinem Spiel gut oder schlecht finden. Die meisten werden deinem Spiel ggf. ein stummes Rating geben, aus dem du für dich ableiten kannst, ob du mit dem Spiel dein Ziel erreicht hast, das du dir gesteckt hast. Wenn dir 90 % der Spieler ein 5/5-Sterne-Rating geben, hast du ein ziemlich objektives Bild, das dir sagt "jap, ich hab da wohl was richtig gemacht".


    Oder überleg dir den umgekehrten Fall: Wenn du 1000 Spieler hast und alle geben deinem Spiel ein 1-Stern-Rating, wirst du nicht hergehen und sagen "ach, die haben alle keine Ahnung, weil sie nicht objektiv bewertet haben". 8o

  • @Forelle

    Objektivität bedeutet für mich, dass etwas ohne ein wertendes Subjekt beurteilt oder beschrieben wird, also ultimativ neutral. Etwas gilt uneingeschränkt und immer. Deswegen wird auch angenommen, dass es keine wirkliche Objektivität gibt. Selbst "Die Erde ist keine Scheibe" ist nicht objektiv, denn wie jeder weiß, wollen uns die Echsenmenschen nur glauben lassen, dass die Erde rund ist.


    Für mich dagegen ist "Mag ich" eines der verständlichsten Kriterien, die ich mir vorstellen kann, denn das Urteil ist immer ehrlich und ein Irrtum ist nahezu ausgeschlossen . Und ich finde nicht, dass Geschmack erklärt werden muss. Meistens gelingt einem das auch gar nicht so gut. Daher ist es oft so, wenn jemand seine Meinung - auch in Form einer Kritik - zu einem Unterhaltungsmedium kundtut, dass da nicht groß erklärt wird, warum einem etwas gefällt oder nicht. Da spricht keiner über die genauen Bewertungsmaßstäbe.


    Eine Geschichte flach zu nennen ist aber doch eine Wertung. Ich hatte noch nie das Gefühl, dass jemand eine Geschichte flach genannt hat, ohne ausdrücken zu wollen, dass die Geschichte schlecht ist. Ich hab den Begriff flach z. B. immer benutzt, um zu sagen, dass eine Geschichte den Anspruch nicht erfüllt, den ich beim Thema erwarte. Naja, im Grunde ist es doch wieder nur ein Synonym für "hat mir nicht gefallen". Auf jeden Fall hab ich dich ja deswegen auch gefragt, was du unter flach verstehst. Für mich ist es bei Geschichten ein negatives Wort.


    Eine entsprechende Kritik hier im Forum könnte so aussehen:„Hast du mal überprüft, ob Spieler der Handlung deiner Geschichte noch folgen können? Mir scheint du hast zu viele Geschichten parallel laufen, beispielsweise geht an Stelle X nicht klar hervor zu welcher Storyline X gehört.“ Oder schlicht „Zwölf Heldenkämpfen um das Amulett der Schatten – und um die Gunst des Spielers.“ Da darfst du dir als Leser dann selbst aussuchen ob 12 zu viel ist oder nicht und als Spieler ob das Spiel episch ist oder chaortisch.

    Aber das ist ja keine Kritik. In unserem Fall würde jemand eher sagen: "Du hast objektiv zu viele Helden in deiner Geschichte." Und ich würde dem entgegenhalten, dass eine Geschichte objektiv nicht zu viele Helden haben kann.


    Genau.Beschreibt meine Kritik die Mittel die eingesetzt werden, um Spannung zu erzeugen, dann kannst du anhand der Beschreibung selbst entscheiden ob die Geschichte für dich das richtige sein könnte.

    Wenn jemand seine Meinung sagt, wie gesagt, dazu zählen für mich auch Kritiken, geht es ja gerade um das Werten. Da werden nicht die eingesetzten Mittel analysiert, sondern gesagt, was einem gefällt und was nicht.


    Zitat
    Weil es wissenschaftlichen Streit um X gibt, sind gleich sämtliche Recherchefehler nur theoretisch welche?

    Das nicht, aber der Vorwurf, etwas wurde schlecht recherchiert, ist zunächst subjektiv und es wird dann häufig darüber gestritten, ob er zutrifft.