Der Waldkult - Creepypasta

  • Hallo,


    ich habe vor geraumer Zeit unter dem Alias OldPreacher eine kleine Creepypaste Reihe gestartet.


    Teil III befindet sich momentan noch in Arbeit. Viel Spaß beim lesen :)




    Der Regentag


    Es Regnete. Und das schon seit Tagen. Obwohl wir Mitte August hatten, kam nur selten die Sonne raus. Stattdessen war es bereits seit Wochen nur bedeckt. Mir war das egal, da ich selten mein Zimmer verließ. Gestern hatte ich meinen Sechzehnten Geburtstag und bekam von Mom und Dad eine neue Grafikkarte, die ich auch gleich verbaut hatte. Seitdem zocke ich mein Spiel ohne Pausen. Nur einmal war ich auf dem Klo gewesen. Mittlerweile war es knapp 15 Uhr und ich fühlte meinen leeren Magen knurren.

    Wir lebten in Portland, etwas weiter entfernt in einer kleinen Vorstadt. Hier gab es nichts weiter als alte urige Wälder. Direkt hinter unserem Haus fing der Wald an und endete hunderte Meilen im Nirgendwo. Ich mochte keine Wälder. Sie waren gruselig, mysteriös. Als würde man sich darin verlieren.

    Verschwinden.


    Es gab überraschenderweise viele Vermisstenmeldungen in großen Wäldern. Viele dieser Fälle waren harmlos. Wanderer, die sich verliefen und dann irgendwann von Rangern gefunden wurden. Es gab aber auch Fälle, wo Menschen in den Wald gingen und nie mehr gesehen wurden. Missing 411. Eine Verschwörungstheorie, die mittlerweile das ganze Internet und darüber hinaus erobert hatte. Bücher wurden geschrieben, Filme und Dokumentationen gedreht. Und all diese Menschen verschwanden in Wäldern und Nationalparks.

    Das war aber nicht der Grund, weshalb ich selten das Haus verließ. Der Grund war Mason. Mason Jackson. Mein Nachbar. Ein totales Arschloch. Er ist der Captain des Footballteams, hat eine heiße Freundin und einen leicht sadistischen Tick, den besonders seine kleinen „Lämmer“ zu spüren bekamen. So nannte er seine Opfer. Ich weiß nicht, wann es angefangen hatte, aber seitdem ist mein Leben zur Hölle geworden. In der Schule stellte er mich vor seinen Buddys bloß, raubte mein Essensgeld und lässt sich allerhand anderen Scheiß einfallen.

    Deswegen ging ich nicht gerne zur Schule. Musste ich ehrlich gesagt auch nicht. Beim letzten League of Legends Turnier habe ich 10.000 Dollar gewonnen. Von meinem Kinderzimmer aus. Meine Eltern konnten es nicht glauben. Als ich meinem Dad damals den Check präsentierte, konnte ich erst einen Unglauben sehen und dann den Stolz. Sein kleiner Junge, hatte sein erstes Geld erarbeitet. Seitdem erhielt ich Privatunterricht und meine Eltern versuchten mich zu fördern.


    Ich stand auf und überlegte mir etwas aus der Küche zu besorgen, als ich die bedrückende Stille spürte. Nichts. Draußen regnete es, aber es kam kein Ton von den dicken Tropfen, die gegen das Fenster schlugen. Nur Stille. „Mom?“ rief ich. Doch niemand antwortete. Ich schaute mich um. Die nahende Dämmerung ließ Schatten entstehen, die langsam durch mein Zimmer krochen. Noch immer regnete es in Strömen, aber die Regentropfen schlugen nur stumm auf das Fenster auf. Als würde die Welt schweigen. Ich merkte, wie sich kalter Schweiß auf meiner Stirn bildete. Langsam verließ ich mein Zimmer. Der Flur war dunkel. Ich blickte die Treppe zur unteren Etage runter. Die Haustür, die direkt gegenüber der Treppe war, stand sperrangelweit offen. Eine große Lache aus Wasser breitete sich langsam auf den Holzdielen aus. Langsam ging ich die Treppe runter. Die vierte Stufe von oben gab keinen Ton von sich. Obwohl sie sonst immer knarzte. „MOM?!“ rief ich mit leichter panischer Stimme

    Nichts.

    Unten angekommen schaute ich aus der Haustür nach draußen in unseren Vorgarten. Die meisten Blumen waren durch den vielen Regen schon eingegangen. Und dann sah ich sie.

    Meine Mutter.


    Sie stand dort im Regen. Nackt. Der Regen floss in Strömen an ihren Rücken hinab. Langsam drehte sie sich um. Dort wo einst ihr Gesicht war, existierte nichts mehr. Das gesamte Gesicht war weg. Nur noch Haut war zu sehen. Keine Augen, kein Mund und auch keine Nase. Nur leere. Ich schrie, rutsche auf den nassen Dielen aus und fiel. Während ich fiel, meinte ich hinter meiner Mutter eine schwarze Gestalt zu erkennen. Ich konnte sie nicht richtig sehen. Ich schlug auf den harten Boden auf, mein Kopf knallte gegen die unterste Treppe, Schmerz, und ich spürte die nahende Dunkelheit. Kälte umgab mich. Ein letzter Blick auf meine Mutter. Doch sie war weg. Stattdessen stand dort eine Gestalt, gekleidet in schwarzen Klamotten. Mason.

    Ich schlief ein.


    *


    Das erste was ich hörte war das regelmäßige Piepen des EKGs. Wo war ich? Ich versuchte meine Augen zu öffnen und bereute es gleich wieder. Strahlendes Licht ließ meine Netzhaut brennen, so dass ich meine Augen schnell wieder schloss.

    Ich erwachte wieder. Keine Ahnung wie lange ich geschlafen hatte, aber ich hörte eine bekannte Stimme. Meine Mutter. Nochmals versuchte ich meine Augen zu öffnen und es gelang mir. Die Augen tränten, als ich mich im Zimmer umsah. Ich im Krankenhaus. An meinem rechten Arm steckte eine Kanüle, die meinen Körper mit Flüssigkeit versorgte. An meiner Brust konnte ich zahlreiche Elektroden ausmachen, die meinen Puls und den Herzschlag kontrollierten. Die Luft war trocken und es roch nach Desinfektionsmitteln.

    „Mein Junge, du bist wach“ hörte ich meine Mutter sagen. Tränen standen Ihr in den Augen, als sie sich zu mir beugte. „Mom? Was ist passiert? krächzte ich. „Ach kleiner! Du bist die Treppe runtergefallen. Wäre dein Nachbar Mason nicht da gewesen, hättest du es nicht mehr geschafft“ antwortete meine Mutter mit belegter Stimme. Anscheinend war ich die Treppe runter gestürzt und hatte mir den Kopf schwer angeschlagen. Mason sah mich durch die offene Haustür und verständigte den Rettungswagen. Meine Mutter hatte davon erst nichts mitbekommen, da sie hinten im Garten war und gearbeitet hat. Laut den Ärzten hatte ich eine schwere Gehirnerschütterung davongetragen. Noch Tage danach versuchte ich mich zu erinnern. Aber da war nichts. Meine letzte Erinnerung war, wie ich die Treppe runterging. Ich spürte das da noch etwas war, aber der Nebel in meinem Kopf war zu dicht.

    Ich schaute zu meiner Mutter. In ihren Augen spiegelte sich die Sorge um ihr Kind wider. Trotz den deutlichen Augenringen, sah sie immer noch hübsch aus. Sie wurde mit siebzehn Jahren mit mir Schwanger und war jetzt erst 34 Jahre alt. Sie reicht mir ihren kleinen Schminkspiegel. Ich betrachtete mein Gesicht. Ich sah nicht gerade wie ein Adonis aus. Normalerweise hatte ich dichtes braunes Haar und eine kleine Stupsnase. Generell hatte ich sehr feminine Züge. Jetzt hatte ich einen dicken Verband um meinen Kopf und meine grauen Augen waren leicht gerötet. Ich schloss den kleinen Spiegel und reichte ihn wieder meiner Mutter.


    Nach einer Woche im Krankenhaus wurde ich endlich entlassen. Mein Vater kam von seiner Geschäftsreise nach Hause und wir verbrachten einige Tag zusammen. Einige Wochen später saß ich wie immer vor meinem Rechner und versuchte mich gerade an einigen Onlineaufgaben, die mir meine Privatlehrerin Frau Blackburne zugesandt hatte. Doch so richtig konnte ich mich dafür nicht begeistern. Ich bekam schnell Kopfschmerzen, wenn ich versuchte mich zu Konzentrieren. Laut Ärzten würde das auch noch ein paar Wochen so bleiben. Dementsprechend konnte ich auch nichts Zocken. Die Konzentration fehlte einfach.


    Es war Samstagnachmittag, als ich etwas Unheimliches erlebte. Wie immer regnete es draußen und der Himmel war zugedeckt mit schweren, schwarzen Wolken. Ich war gerade in der Küche und machte mir einen Wrap in der Mikrowelle warm, als ich ein klopfen vernahm. Es kam nicht von der Haustür, sondern von der Gartentür im hinteren Ende des Hauses. War es meine Mutter? Hatte sie sich ausgesperrt? Während mein Wrap sich langsam in der Mikrowelle drehte, ging ich durch das Wohnzimmer nach hinten. Hinter dem Wohnzimmer befand sich das kleine Esszimmer mit der Hintertür zum Garten. Die Hintertür bestand vorwiegend aus Glas mit einem einfachen Holzrahmen. Erst letzte Woche hatte mein Vater den Türrahmen neu gestrichen. Doch vor der Tür war niemand.


    Ich schaute in den Garten hinaus, konnte aber nichts Merkwürdiges wahrnehmen, außer den bedrohlichen Schlund des Waldes. Die breiten, urigen Stämme der alten Eichen waren mit giftgrünem Moos bedeckt. Der dunkle Himmel verstärke das Schattenspiel. Meine Fantasie meinte, kleine zierliche Schattenwesen zwischen den Bäumen umhertänzeln zu sehen. Ich schaute genauer zum Waldrand, konnte aber nicht wirklich etwas erkennen. Das dichte Unterholz und die breiten Stämme verwehrten mir den Blick. Die Mikrowelle signalisierte, durch ein Piepen, dass mein Wrap aufgewärmt und verzehrbereit war. Ich wandte mich um und bemerkte dabei eine huschende Bewegung im Augenwinkel. Schnell drehte ich mich wieder Richtung Garten und Waldrand, konnte aber auf Anhieb nichts entdecken. Verdammt. Sind das die Nachwirkungen der Gehirnerschütterung? Ich schaute nochmal zum Waldrand und erstarrte. Dort vorne, zwischen zwei Eichenbäumen, halb verborgen im Schatten, stand eine Person. Ich konnte nur dunkel Umrisse erkennen, aber dort stand definitiv jemand. Die Person muss knapp über zwei Meter groß sein. Ich wich einen Schritt nach hinten aus, strauchelte etwas, konnte mich aber schnell wieder fangen. Die Gestalt stand immer noch dort. Der Himmel klärte sich etwas auf, so dass ich die Gestalt besser sehen konnte. Mein Herz pumpte wie verrückt als ich auf das grausige Gesicht blickte. Trotz der Entfernung konnte ich sehen das, dass Gesicht des Mannes Fahl grün und mit großen eitrigen Pocken übersäht war.

    Langsam machte das Ungetüm einen Schritt nach vorne. Es trat aus dem Schatten vollends hinaus. Die Kleidung bestand aus grünen Lumpen. Überall an der Kleindung waren kleine Angelhaken angebracht. Erst jetzt konnte ich sehen, dass der Fremde ein Fischernetz über die Schultern geworfen hatte. Ich war wie paralysiert, konnte mich nicht bewegen, konnte nicht atmen. Der Mann blieb abermals stehen, schaute mich trotz der Entfernung an und plötzlich ging er in die Hocke und sprintete wie ein Athlet auf mich zu. Erst jetzt war mein Körper wieder handlungsfähig. Ich lief in die Küche, verschloss die Tür zum Wohnzimmer und suchte nach dem Telefon. Dort neben dem Kühlschrank fand ich das Smartphone meiner Mutter. Hektisch entsperrte ich das Gerät mit meinem Geburtsdatum und wählte den Notruf. Währenddessen hörte ich ein Klirren. Die Gartentür wurde eingetreten. Das Smartphone piepte. Keinen Empfang. Scheiße.


    Dann rumste es, etwas Schweres traf die Wohnzimmertür. Ich drehte mich zum Messerblock, fasste das große Steakmesser am Griff. In der nächsten Sekunde splitterte die Wohnzimmertür auf und zum Vorschein kam, nichts. Da war niemand. Ich schaute mich suchend um, versuchte die Situation zu begreifen. Mein Kopf schmerzte, als hätte ich einen übelsten Kater.

    Meine Mutter kam polternd aus dem Schlafzimmer, schaute mich mit großen Augen an. „Schatz… ist alles in Ordnung? Fragte sie mit zittriger Stimme. Ihr blick fiel auf das große Messer in meiner Hand. Ich schaute meine Mutter an. Sieht sie etwa nicht die zersplitterte Tür? Ich schaute zum Wohnzimmer. Nichts. Die Wohnzimmertür war normal verschlossen. Ich ließ das Messer fallen und sank ohnmächtig zu Boden. Dabei bemerkte ich den verwirrten, ängstlichen Blick meiner Mutter nicht mehr. Ich bemerkte auch nicht mehr, wie sich die Haustür öffnete und Mason in den Flur trat. Ich bemerkte auch nicht mehr, wie er meiner Mutter einen Brieföffner in den Nacken rammte. Ich bemerkte nicht mehr, wie er mich auf die Schultern legte und mich aus dem Haus trug.


    Dunkelheit. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, nur um zu bemerken, dass meine Augen bereits offen waren. Eine muffig riechende Binde behinderte mir die Sicht. Ich wollte schreien, konnte aber nicht. Ein Stoffknäul in meinem Mund verhinderte das Sprechen.


    „Du bist wach“. Das war Mason. Ich würde seine Stimme immer wieder erkennen. Sie klang, wie Schleifpapier, dass man über Metall reibt. Langsam merkte ich, dass auch meine Füße und Beine gefesselt waren. Wie ein aufgebäumtes Pferd versuchte ich mich zu befreien, doch Widerstand war zwecklos.


    „Lass es einfach bleiben, du wirst nicht entkommen können“ kam es von Mason. „Weißt du, Steven, es ist wirklich schade. Ja, ich habe dich immer gehänselt, nicht weil ich es so wollte, nein es war meine Aufgabe. Den Geist brechen. So nannte es der Eine.“ Ich hatte keine Ahnung was Mason da eigentlich redete. Verdammte Scheiße, dass darf doch nicht wahr sein. „Bleib Ruhig, Steven“ flüsterte Mason. „Ich bin hier nicht der Böse. Ja ich habe eventuell deine Mutter getötet, ja ich habe sie damals als du im Krankenhaus gebracht wurdest hypnotisiert, ihre Kleidung ausgezogen und mich von Ihr genährt, wie es ein Mann tun sollte. Aber das alles tat ich nur für dich. Du musst gebrochen werden, damit du den Einen aufnehmen kannst. Unser Erlöser. Unser Gott.“ Ich hörte den Wahnsinn in seiner Stimme. Was hat er mit meiner Mutter getan?

    Und dann erzählte mir Mason die ganze Geschichte.


    Der Tag, an dem ich ins Krankenhaus gebracht wurde, da war Mason bei mir. Er rief den Krankenwagen. Was ich aber nicht wusste, war dass er meine Mutter im Garten entdeckte. Sie war gerade dabei die Gartenstühle in den Schuppen zu verfrachten, damit diese nicht Nass wurden. Dabei hatte Sie die Haustür offengelassen. Mason näherte sich meiner Mutter, sie unterhielten sich und dann nutze Mason einen Trick, den er von seinem Vater gelernt hatte. Und sein Vater hatte es von seinem Vater gelernt. Seit Generationen besaß die Familie von Mason diese Fähigkeit.

    Er verwickelte meine Mutter in ein Gespräch, schaute ihr in die Augen und hypnotisierte sie mithilfe von speziellen Augenbewegungen. Er erzählte mir, wie meine Mutter mit leerem Blick im Garten stand. Mason kicherte. Ich spürte die Wut in mir aufsteigen. Dann habe er meine Mutter zum Schuppen geführt und langsam ihre Kleider ausgezogen. Er berichtete mir, wie er ihren nackten Körper berührte und sie dann wie ein wildes Tier nahm. Tränen der Wut füllten meine Augen, ich versuchte mich aus den Fesseln zu winden. Mason lachte schrill und erzählte weiter. Ich bemerkte jedoch wie die Fesseln an meinen Händen sich langsam lösten. Ein Plan begann in meinem Kopf Form anzunehmen.

    Währenddessen erzählte Mason weiter. Nachdem er mit meiner Mutter fertig war, wollte er eigentlich wieder zurück nach Hause, dann ging meine Mutter jedoch zur Vordertür. Anscheinend war sie immer noch hypnotisiert. Mason wirkte wieder seinen Trick, um ihre Erinnerung auszulöschen, dabei bemerkte er jedoch mich. Durch die nassen Dielen fiel ich schließlich zu Boden. Mason rief dann den Rettungswagen. Er konnte mich nicht dort liegen lassen. Und dann fing die Geschichte erst richtig an.


    Von Mason erfuhr ich, dass seine Familie seit Jahrzehnten zu einem alten indigenen Kult gehörte. Die Waldmenschen. Die Vorfahren von Mason kamen damals mit der Mayflower nach Amerika und siedelten sich hier in der Nähe an. Schnell merkten die Menschen damals, dass irgendetwas in den dichten Wäldern lebte. Einige Monate später offenbarte sich der Familie dann die Wahrheit. Ein uralter Kult, gefürchtet von den Ureinwohnern lebte in den weiten Wäldern der USA. Getrieben von dunklen Riten, schlachteten sie Männer ab, nahmen sich Frauen und schändeten sie. Die Menschen damals begannen den Kult zu fürchten.Masons Familie jedoch war davon derart besessen, dass sie ihre eigenen Nachbarn eines Nachts in den Wald führten und dann dort dem Kult übergaben. Als Belohnung wurden die Masons in den Kult aufgenommen. Es war nicht nur esoterischer Mist, den diese Menschen dort fabrizierten. Sie nutzten tatsächliche Magie. Dunkle Magie, wie mir Mason sagte.


    Ich weiß nicht was ich davon halten sollte. Eins steht jedoch fest, Mason wird dafür bezahlen. Was er meine Mutter angetan hatte, das würde er niemals vergessen. Mason begann wieder zu reden und merkte nicht, dass ich meine Handgelenke fast befreit hatte.


    Er erzählte mir, dass der Kult und deren Anhänger dunkle Riten mit Menschopfer abhielten, um dadurch Wohlstand zu erhalten. Damals fand seine Familie nach einem Ritual eine versteckte Goldader und ein krankes Familienmitglied wurde über Nacht wieder gesund. Aber all dies hatte noch einen weitaus schrecklichen Preis. Alle hundert Jahre benötigte der Kult einen gebrochenen Körper, damit dort der Gott des Kultes einfahren konnte. Der Eine. So hieß der Gott. Einen anderen Namen hatte er nicht. Bei dem Körper muss es sich um einen Jugendlichen handeln. Die Auserwählten wurden brutal gefoltert, bis deren Wille gebrochen wurde. Danach würde Der Eine für exakt einen Tag in den Körper fahren. Er würde Gaben verteilen und weitere Opfer fordern. Und das Gefäß war diesmal ich. Mason hörte auf zu sprechen. Ich hörte, wie er sich mir näherte. Dann direkt vor meinem Ohr flüsterte er „Ich lass dich erstmal ausruhen. Heute Abend ist es endlich soweit“ er kicherte und entfernte sich wieder. Ich hörte wie er eine Treppe hinaufging und eine Tür geöffnet und geschlossen wurde.

    Stille.

    Jetzt war die Zeit gekommen. Ich befreite meine Hände und nahm mir als erstes die Augenbinde ab. Ich war in einem Keller. Vor mir ging eine hölzerne Treppe nach oben. Der Keller war aufgeräumt, rechts lagen einige schwere Kartons und links gab es einige Regale mit eingemachtem Gemüse.

    Ich lag auf einer dreckigen Matratze. Ich befreite meine Beine und stand langsam auf. Das Kellerfenster befand sich rechts von mir an der Wand. Es müsste Nachmittag sein, der Himmel war immer noch zugezogen. Allerdings regnete es nicht gerade. Ich ging zum Fenster und prüfte den Verschluss. Es ließ sich problemlos öffnen. Das Fenster war zwar schmal, allerdings dürfte ich gerade so hindurchpassen. Doch ich zögerte noch. Neben den Kartons fand ich zwei große Benzinkanister. Der erste Kanister war nur zur hälfte voll, der zweite jedoch war definitiv noch randvoll. Eine Idee formte sich in meinem Kopf. Diese Monster werden dafür bezahlen. All das Leid, dass diese Familie im laufe der Jahrhunderte verursacht hatte, wird tausendfach zurückgezahlt werden.

    Leise schlich ich die Treppe hoch und öffnete die Kellertür. Die Treppe zum Keller befand sich im Hausflur. Links war die Haustür. Rechts führte eine Treppe nach oben. Geradeaus sah man die Küche, durch der man die anderen Räume betreten konnte. An der Haustür befand sich der Schlüssel. Langsam schlich ich mich in den Flur und drehte den Schlüssel ins Schloss. Ich rüttelte an der Klinke und nickte zufrieden. Ich hatte das Haus der Masons bereits in der Vergangenheit von außen gesehen. Alle Fenster im Haus waren von außen mit verzierten Eisenstäbe versehen. Ein effektiver Schutz, um Einbrecher daran zu hindern ins Haus zu steigen. Allerdings konnte man selbst das Haus nicht durch das Fenster verlassen. Was ein deutlicher Nachteil bei einem Brand war. Ich würde dieses Haus, samt den darin lebenden Monstern, in eine Feuerhölle verwandeln. Brennen sollen diese Bastarde. Ich grinste. Kurz kam mir der Gedanke, ob es wirklich das richtige war. Immerhin waren es am Ende auch nur Menschen und das was ich plante war Mord. Doch dieser Gedanke verschwand bald.

    Ich schlich in die Küche und durchsuchte die Schubbladen nach einem Feuerzeug. In der dritten Schubblade von oben fand ich eine Packung Streichhölzer. Dann schlich ich mich ins Wohnzimmer. Das Wohnzimmer verteilte sich über zwei Räume. Der erste Raum war leer. Hier gab es eine Terassentür. Aus dem angrenzenden Raum hörte ich drei Stimmen. Zwei Männliche und eine weibliche. Wahrscheinlich Mutter, Vater und Mason. Die drei diskutierten gerade wie sie heute Abend mit mir verfahren sollten. Ich hörte nicht weiter zu und schlich mich zur Terassentür. Ich nahm den Schlüssel und verschloss den zweiten Fluchtweg.

    Plötzlich hörte ich ein Knarren, so als würde ein schwerer Stuhl nach hinten geschoben werden. Ich erstarrte und zählte die Sekunden. Die Mutter sprach jetzt leise. Ich versuchte zu lauschen. Mir wurde schlecht. Anscheinend hatte die Mutter heute noch etwas anderes mit der Familie vor.

    Kurze Zeit später hörte ich das rhythmische Geräusch, wenn die Lenden gegen das Becken knallten. Ein lustvolles Stöhnen war zu hören. Ich hörte nicht weiter zu. Mein Gesicht wurde zu einer Grimasse des Ekels. Langsam schlich ich wieder zurück in den Keller. Rasch nahm ich den ersten halbvollen Kanister Benzin und ging zurück ins Wohnzimmer.

    Das Gestöhne wurde langsam lauter. Ich musste mich beeilen. Schnell goss ich das Benzin vor die Terassentür. Diesen Weg würden diese Monster nicht nehmen können. Ich grinste und goss den Rest des Kraftstoffes über den Teppich. Schnell verteilte ich das Benzin über die Küche und den Flur.

    Zurück im Keller hievte ich den zweiten Kanister ins Haus. Diesen platzierte ich direkt ins Wohnzimmer. Dann blieb ich kurz stehen und horchte. Das Gestöhne steigerte sich zum Höhepunkt. Es war an der Zeit. Ich ging zurück in den Flur, nahe der Kellertür zündete ich das Streichholz an. Ohne zu zögern, schmiss ich das brennende Streichholz in die nasse Spur im Flur. Das Benzin entzündete sich, schlängelte sich durch die Küche. Ich spürte die Hitze.

    So schnell ich konnte, rannte ich die Kellertreppe runter, öffnete das kleine Fenster und kletterte hinaus. Ich schürfte mir meine Schultern auf, war aber danach draußen. Dann hörte ich die Explosion, als die Brandspur den vollen Kanister erreichte. Ich spürte die Hitze und den Druck. Und dann hörte ich das Kreischen der Familie.

    Ich schlich durch das Gebüsch, bis ich an meinem Grundstück war. Das Haus der Masons lag direkt neben unserem. Allerdings gab es einige riesige Hecken und einen verwilderten Garten, der unsere beiden Grundstücke trennte. Niemand würde mich von Straße aus sehen können. Ich drehte mich um und sah wie das Haus der Masons lichterloh in Flammen stand.


    Zuhause angekommen, sah ich meine Mutter. Sie lag auf dem Boden, Blut Quall aus einer Stelle am Nacken. „Mama“! schrie ich panisch. Ich beugte mich zu ihr runter. Der Brieföffner lag in ihrer Hand. Ich fühlte ihren Puls. Sie lebte noch. Schnell griff ich zum Smartphone und rief den Notruf an. Diesmal klingelte es und ich meldete den Notfall.


    Fünfzehn Minuten später war meine Mutter auf dem Weg zum Krankenhaus. Draußen war die Hölle los. Polizei und Feuerwehr versuchten den Brand bei den Masons unter Kontrolle zu bringen. Durch den Brand wurde eine Gasleitung getroffen und das Haus schüttelte sich durch eine Explosion. Das Feuer glühte, wie die Hölle und einzelne Bauteile des Hauses verwandelten sich in brennende Schlacke.


    Später erfuhr ich, dass die Masons anscheinend eine Menge, nicht legale Chemikalien im Keller gelagert hatten. Ich erinnerte mich an die ganzen Kartons im Keller. Durch die Chemikalien brannte das Feuer so stark, dass sich der Sand und die Erde um das Haus in Glas verwandelte. Als der Brand nach Stunden endlich gelöscht wurde, blieb nichts anderes als Asche übrig. Die Masons sah man nie wieder.

    Laut offiziellen Angaben der der Feuerwehr, wurden die Chemikalien durch einen kleinen Funken, der auch durch die elektrische Spannung in der Luft entstanden ist in Brand gesetzt. Danach folgte eine Kettenreaktion. Im Nachhinein haben auch die anderen Nachbarn angegeben, dass die Masons, doch sehr merkwürdige Nachbarn waren. Durch anonyme Tipps hatte die Polizei Wochen später mehrere menschliche Überreste aus dem Garten ausgegraben. Man hatte wohl die Chemikalien genutzt, um die körperlichen Überreste schnell aufzulösen.


    Meine Mutter erholte sich durch den Angriff. Die Verletzung war nicht besonders tief, so dass meine Mutter keine bleibenden Schäden davontragen würde. Meine Mutter und auch ich gaben an, dass Mason ins Haus eingebrochen war und meine Mutter attackiert hatte. Danach verlor sie kurz das Bewusstsein. Ich gab an, dass Mason mich geschubst hatte. Durch meinen kürzlichen Aufenthalt im Krankenhaus, war ich immer noch nicht gesund, so dass ich kurz ohnmächtig wurde. Meine Mutter und ich sprachen darüber nie wieder.


    Die Polizei stellte keine weiteren Fragen, da durch die entdeckten Leichenteile die Behörden so wieso gerade andere Sorgen hatten.


    Einen Monat später saß ich in meinem Zimmer. Von dem Haus der Masons war nichts mehr übriggeblieben. Stattdessen hatte man dort jetzt einen kleinen Gedenkpark errichtet. Anscheinend stammten die sterblichen Überreste im Garten von Wanderern und Obdachlosen, die seit geraumer Zeit als vermisst galten.


    Doch niemand würde die Wahrheit jemals erfahren. Der Kult. Die Masons waren zwar Tod, doch diese kranken Bastarde existierten immer noch. Ich hatte mich entschlossen. Nach der Schule würde ich zum FBI gehen. Ich habe mich bereits für ein Juniorprogramm beworben. Ich werden diesen Kult finden und ich werden ihn zerstören.

    Ich stand auf, öffnete das Fenster und ging nach unten. Meine Mutter lag auf dem Sofa im Wohnzimmer und schaute Fernsehen. Sie schaute mich an, ich schaute sie an. Dann beugte ich mich zu Ihr und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann ging ich in den Garten und näherte mich den Wald. Ich schaute in die Finsternis und die Finsternis schaute zurück.



    Spurensuche



    Ich schlängelte den Wagen durch das dichte Unterholz. Die vorbeiziehenden Äste schabten an das Autofenster. Das Glas und der Lack hätten nach dieser Tour so einige Kratzer. Aber das war mir egal. Den alten T4 hatte ich gebraucht gekauft und diente nur dazu von A nach B zu kommen. Ich schaute in den Rückspiegel und betrachtete mein feminines Gesicht. Meine braunen Haare waren nach hinten gekämmt, während meine grauen Augen mein Spiegelbild taxierten.


    Mein Name war Steven. Steven Finley. Ich bin 19 Jahre alt und gehe mittlerweile auf die Uni. Ich hatte einen Traum. Dem FBI beitreten und mein Kindheitstrauma auslöschen. Jeder hatte solch ein Trauma. Gut, die meisten wurden nicht von irgendwelchen Sekten entführt. Drei Jahre war es jetzt her, dass mein Nachbar Mason mich entführte und in einen Keller sperrte.

    Am Ende hatte ihn das jedoch nichts gebracht, außer den Tod.


    Seit drei Wochen war ich dem Kult auf der Spur. Auf dem Beifahrersitz stapelten sich Notizen und Akten. Zwischen den Notizen lag meine Glock. Die Waffe hatte ich einem Dealer vor einigen Tagen abgekauft. Ich war kein Freund von Waffen, wenn man es aber mit einem verrückten Kult zu tun hatte, sollte man besser vorbereitet sein.

    Aktuell hatte ich Semesterferien und dementsprechend genügend Zeit. Ich studierte Kriminalwissenschaften und war während der Studienzeit ziemlich eingespannt. Zusätzlich hatte ich auch einen Nebenjob bei einem Outdoorhändler. Das Geld benötigte ich eigentlich nicht. Ich bekam von der Universität ein volles Stipendium inklusive kostenloses Wohnen im Wohnheim. Ich teilte mir das Zimmer mit meinem Nachbarn Leroy Freeman. Leroy studierte Gerichtsmedizin und war eigentlich ziemlich in Ordnung. Nur sein erhöhter Konsum von Magic Mushrooms war teilweise störend.

    Mit meinem ersparten Geld hatte ich mir vor einer Woche schließlich den alten Volkswagen T4 gekauft. Knapp dreitausend Dollar hatte ich dafür bezahlt. Der Van mag zwar alt sein, dafür war er jedoch ziemlich robust. Die Glock hatte ich von einem Bekannten gekauft. Eigentlich war der Bekannte, Leroys Dealer. Knapp fünfhundert Dollar plus drei Ersatzmagazine. Der Typ fragte nicht nach dem Grund.

    Vorgestern hatte ich dann einen Tipp bekommen. Hier draußen sollte es eine kleine alte Waldhütte geben. Dort hatte der Kult mit einigen seiner Mitglieder ein Ritual durchgeführt. Die Info stammte von einem Obdachlosen. Ich traf ihn zufällig an der Uni an, als er versuchte die Mülltonnen der Mensa nach essbaren zu durchsuchen. Ich gab ihm einen Donut aus und er erzählte mir ungefragt seine Lebensgeschichte. Das meiste von dem war ziemlich überzogen, aber als er meinte, dass er vor drei Wochen von einem geheimnisvollen Kult zu einem Treffen eingeladen wurden war, klingelten bei mir alle Alarmglocken.

    Nach einem weiteren Kaffee und zwanzig Dollar Bestechungsgeld, erzählte mir der Obdachlose die ganze Geschichte. Damals ging es James, der Name des Obdachlosen, gesundheitlich nicht gut. Er hatte sich das Bein verstaucht und kam nur sehr schwer von A nach B.


    Einige Tage später traf er dann eine ehrenamtliche Helferin. Lauren, war auf dem ersten Blick eine warmherzige Person. Sie arbeitete in der Obdachlosenküche und James verstand sich schnell mit ihr. Irgendwann lud Lauren, James dann zu einem Treffen ein. Sie meinte damals, dass andere gleichgesinnte Menschen eine Religionsgemeinschaft gegründet hatten. James sollte zu einer abgelegenen Waldhütte kommen und an der Messe mitmachen. Natürlich war James skeptisch, aber Lauren lockte mit kostenlosen Essen und Kleidung. Abends ging James dann zur Hütte. Er erzählte mir, dass er sich im Wald eine Menge Zecken geholt hatte.

    Dort angekommen traf er dann Lauren und zwei weitere Frauen an der Hütte an. Die Namen der beiden anderen Personen, kannte er nicht. Er berichtete jedoch, dass diese beiden fremden, ungefähr vierzig Jahre alt waren. Sie führten James und einen anderen Obdachlosen, Kevin, in die Hütte. Dort gab es dann tatsächlich etwas zu Essen.

    Der Tisch war beladen mit Burgern, Fritten und Getränke. James kam das jedoch etwas dubios vor. Wieso sollte man mitten im Wald, zwei fremde Obdachlose beköstigen? Der andere Obdachlose stürzte sich sofort auf das Essen und schaufelte sich das Fast Food in den Magen. James beobachtete das Geschehen und wollte sich gerade ebenfalls das Essen in den Rachen schaufeln. Dabei bemerkte er jedoch die drei Frauen. Sie standen in der Ecke der Hütte dicht beisammen. James erzählte mir, wie die drei Frauen einfach nur stumm dastanden. Auf deren Gesichtern war ein grauenhaftes, verzehrtes Lächeln. Sie schauten auf Kevin und dann hoben alle drei synchron den Kopf und schauten James an. Ihre Gesichter waren zu grausigen Fratzen gefroren. Und dann sah er es. Aus deren Köpfen wuchsen Hörner, ihre Hälse verlängerten sich und ihre Augen wurden tiefschwarz. Ihre Münder öffneten sich und zum Vorschein kamen Nadelförmige Zähne.

    Das war dann doch zu viel für James. Mit verstauchtem Bein rannte er aus der Hütte und verschwand im Buch. Er spürte, wie er verfolgt wurde, konnte jedoch rasch entkommen. Für James war der Wald kein Problem. Er war damals in Vietnam und musste sich tagelang vor den Vietkong verstecken. Noch während er durch den Busch rannte, hörte er einen schrillen Schrei. Kevin.

    Nach dieser Begegnung tauche James für einige Wochen unter und wühlte lieber nach Essensresten. Er hatte kein Bedürfnis mehr auf die Obdachlosenküche.

    Nachdem er mir seine Geschichte erzählt hatte, gab ich ihn weitere hundert Dollar, damit er sich ein Busticken kaufen konnte. Er hatte eine Tochter in Fresno und würde dort unterkommen.

    Vor mir zeichnete sich im Scheinwerferlicht des T4 die alte Waldhütte ab. Ich bremste und schaltete den Motor aus. Dann lauschte ich. Nichts. Ich nahm meine alte Taschenlampe in die eine und die Glock in die andere Hand. Dann stieg ich aus dem Van und ging den überwucherten Feldweg bis zur Hütte entlang. Die Waffe steckte ich in den Hosenbund. Notfalls war sie jedoch schnell griffbereit.

    Die alte Waldhütte sah wie eine alte Blockhütte aus. Die Außenwände waren jedoch teilweise marode. Giftgrünes Moos hatte sich bereits an den Außenwänden ausgebreitet. Ich schaute mich mit der Taschenlampe weiter um. Neben der Hütte gab es einen kleinen, verfallenen Schuppen. Abseits davon stand ein abgedeckter Brunnen aus alten, verwitterten Backsteinen. Die Fensterläden der Hütte waren verschlossen, so dass ich mit der Taschenlampe nicht reinleuchten konnte.


    Langsam näherte ich mich der Tür. Auch diese sah etwas verwittert aus, wurde jedoch erst kürzlich gesäubert. Das Schloss an der Tür war neu und stammte wohl aus dem Bauhaus. Ich drückte die Klinke runter. Verschlossen.

    Das Schloss sah nicht besonders robust aus und ich beschloss es mit meinen Dietrichen zu knacken. Es dauerte einige Sekunden, aber dann war die Tür offen. Langsam drückte ich die Klinke runter und öffnete mir einem leisen knarzen die Tür.

    Die Luft drinnen war stickig. Es roch nach getrockneten Kräutern und leicht süßlich. Verwesungsgeruch. Leroy hatte mich mal in die Pathologie der Uni genommen. Dort roch es genauso. Ich suchte nach einem Lichtschalter und fand einen. Es wunderte mich, dass es hier Strom gab. Dann schaute ich mich um.

    Der Raum war nicht besonders groß. An den Wänden gab es Regale, auf denen eine dicke Staubschicht lag. In der Mitte des Raumes stand ein massiver Eichentisch. Langsam näherte ich mich der Raummitte. Der Verwesungsgestank nahm deutlich zu. Ich schaute mir den großen Tisch genauer an. Auf der Oberseite konnte ich verschimmelte Essensreste ausmachen, alte Pommes, ein Stück verschimmeltes Brot und ein Ohr. Ich musste würgen. Erst jetzt sah ich das ganze infernalische Ausmaß auf dem Tisch. Getrocknetes Blut befleckte die gesamte Tischplatte. Selbst auf dem Boden sah ich mehrere Pfützen des getrockneten Lebenssafts.

    Ich rannte aus der Hütte und übergab mich in ein nahendes Gebüsch, dabei bemerkte ich das leise Klicken und Schnalzen aus dem Wald nicht. Ich wisch mir den Mund sauber und drehte mich in Richtung Tür.

    Verdammte Scheiße. James hatte recht gehabt. Hier wurde jemand getötet. Ich dachte an das halbe Ohr, dass auf dem Tisch lag. Unwillkürlich musste ich einen Brechreiz unterdrücken. Gerade wollte ich wieder in die Hütte gehen, als ich eine schemenhafte Bewegung wahrnahm.

    Sofort blieb ich stehen. Kalter Schweiß bereitet sich auf meiner Stirn aus. Mein Herz hämmerte in meiner Brust. Ich drehte mich vom Haus weg und schaute in die Dunkelheit. Dort hinten, zwischen den Bäumen stand jemand. Langsam richtete ich meine Taschenlampe auf die Gestalt. Nichts. Dort wo der Schatten stand, war nur ein großer Brombeerbusch. Hatte ich mir das nur eingebildet? Ich schloss die Augen und dachte nochmal nach. Der Schatten sah definitiv wie eine menschliche Gestalt aus. Der Kopf lag jedoch auf einen viel zu langen Hals. Auch die Extremitäten schienten überproportional lang zu sein.

    Langsam öffnete ich meine Augen. Aber hier war nichts, außer einige kleine Insekten und geflügelte Raubtiere wie Eulen und Fledermäuse, die durch die Nacht nach Beute streiften. Schnell ging ich zurück in die Hütte und durchsuchte sie nach brauchbaren Hinweisen. Ich fand einige abgetragene Sportschuhe und einen blauen Sack mit blutverschmierten Klamotten. Wahrscheinlich gehörten sie den Obdachlosen.

    Ich holte mein Smartphone aus der Tasche und machte ausgiebige Fotos. Anschließend verließ ich die Hütte und stieg in meinen Van. Als ich die Autotür schloss und gerade den Schlüssen ins Zündschloss stecken wollte, spürte ich einen warmen, feuchten Atem an meinem Nacken. Ich erstarrte, langsam wie in Trance wandte sich mein Blick gen Rückspiegel. Mein Herz setzte aus, ich bekam keine Luft, mein ganzer Körper formte sich zu Eis. Direkt hinter mir saß eine Alptraumhafte Gestalt. Die Haut war faltig und bleich, der lange Hals konnte nur mit Mühe den unförmigen Kopf tragen. Eine Reihe Nadelförmiger Zähne lächelte mich an, die dunklen unheilvollen schwarzen Augen taxierten mich und ließen mich weiter erstarren. Dan hob die Kreatur ihren dürren Arm. Lange Finger mit spitzen unsymmetrischen Fingernägeln näherten sich meiner Kehle.

    Mit meinem gesamten Willen zwang ich meinen Körper zu reagieren. Ich riss die Autotür auf und sprang aus dem Wagen, rollte mich auf der feuchten Erde ab, griff in den Hosenbund und zog meine Waffe. Die Kreatur kreischte und sprang aus dem Van direkt auf mich zu. Ich schoss dem Monster in die Brust. Kurz ließ der Knall meine Ohren klingeln, dann stieß die Kreatur einen infernalischen Schrei aus. Die Kugel hatte die dürre Brust durchbohrt und das Monster wurde durchgeschüttelt. Schwarzes Blut tropfte aus der Wunde. Doch das Monster lebte noch. Es machte Anstalten auf mich zu zugehen, doch ich schoss diesmal in den Kopf.

    Der Schädel platzte wie eine überreife Melone auf und eine schwarze Masse sprudelte hinaus und sickerte in die Erde. Das Unkraut am Boden begann zu welken. Ich machte schnell ein Foto, stieg in den Van und sauste davon.

    Einige Tage später saß ich in meinem Zimmer im Wohnheim. Ich hatte die Fotos an einer Pinnwand befestigt. Zusammen mit zahlreichen Notizen ergab es bald eine brauchbare Spur. Noch immer spürte ich den schrecken in meinen Knochen. Ich musste wissen, was dieses Wesen war. Als Leroy das Foto mit der Kreatur sah, dachte er erst, dass es sich hierbei um ein Kunstprojekt handelte. Er fragte mich, ob ich auf okkulte Dinge stand und ich bejahte. Ich wollte meine Ruhe haben. Überraschenderweise verwies Leroy mich an einen esoterischen Laden in Portland.

    Erst hielt ich die Idee für dumm. Das letzte was ich brauchte war eine Kristallkugel oder eine Hausfrau, die mir die Karten legte. Doch ich brauchte Infos also fuhr ich los.

    Der Laden sah von außen unauffällig aus. Allerdings änderte sich das Bild, als ich den Laden betrat. Drinnen sah es wie in einem Pfandhaus aus. Überall lagen die seltsamsten Dinge. Der ganze Raum war vollgestellt mit Abermillionen Bücher, die teilweise mehrere hundert Jahre alt sein mussten. Dann gab es Unmengen von Glasbehältern in denen Kräuter und andere Materialien aufbewahrt wurden. Aber auch Kleidung, Modeschmuck mit okkulten Symbolen und mittelalterliche Waffen gab es. Schwerter, Macheten, Schilde, Speere und Hämmer. Verdammt, dass sah aus wie ein Shop für Rollenspieler.

    An der Ladentheke lehnte eine junge Afroamerikanerin, ihr dichtes braunes Haar steckte unter einem roten Beanie mit einer Menge Smiley und Wicca Pin-Ups. Sie blätterte gerade in einem Comic. Ich versuchte einen Blick auf den Titel zu werfen: Violent Messiahs


    „Hallo?!“ fragte ich nervös. Die junge Frau schaute einmal kurz auf, kaute auf ihr Kaugummi und widmete sich wieder dem Comic. Ich starrte sie an. Ungeheuerlich! Ich wurde ignoriert. „Du stinkst nach Tod“ erwiderte sie einige Sekunden später. „Wie bitte?“ ich antwortete irritiert.

    Sie lege den Comic beiseite und schaute mir dann in die Augen. „Es ist so wie ich es sagte. Du stinkst nach Tod und bösartiger Magie. Bei dir empfange ich echt üble Vibes.“

    Sie schnalzte mit der Zunge und kam dann um die Theke und blieb einige Zentimeter vor mir stehen. Ich roch den süßlichen Kaugummigeruch. Ihre großen braunen Rehaugen starrten in die meinen. Der Ansatz ihrer Brüste berührte bereits meine Jacke. Ich schluckte.

    „Ich weiß nicht, was sie meinen“ antwortete ich. Sie hob eine Augenbraue und ging dann wieder zurück an die Theke. Dann kramte sie einige Gegenstände hervor und breitete diese vor sich aus. Ich ging näher an die Theke und begutachtete die Gegenstände.

    Das erste war ein Talisman. Die gebogene Kralle stammte wahrscheinlich von einem Raubvogel. Die Kralle war an einem schlichten braunen Lederband befestigt. Solche Ketten sah man häufig auf Straßenständen, wo Ureinwohner angeblich magische Gegenstände feilboten. Der zweite Gegenstand war ein kleines Ledersäckchen. Bei dem dritten und letzten Gegenstand handelte es sich um einen Silberring mit einem verzierten Pentagramm.

    Bevor ich etwas sagen konnte, ergriff die Verkäuferin das Wort. „Also. Ich will erst gar nicht wissen, was du für Probleme hast, daher empfehle ich dir mal die Standartausrüstung. Die Adlerkralle verstärkt deinen Sinn für übernatürliche Gefahren. Im Ledersäcken findest du geweihtes Meersalz, damit kann man kleinere Räume schützen. Streu das Salz einfach an den Fenstern und Türen des Zimmers und schon kann kein böses Wesen hinein. Und der Silberring mit dem Pentagramm sorgt dafür, dass du von keiner Macht besessen werden kannst“ gab die Frau von sich. Ich schaute sie skeptisch an. „Das wären dann 450 Dollar“ die Verkäuferin hielt mir die offene Hand hin. „Ich bin nicht hier, um irgendwelchen esoterischen Schnickschnack zu kaufen“ antwortete ich verärgert.

    Die Verkäuferin verdrehte die Augen und ging dann nach hinten, in den Personalbereich. Nach einigen Sekunden kam sie mit einem hölzernen Stab zurück. Dieser war knapp dreißig Zentimeter lang und endete oben in einigen dicken hölzernen Knoten.


    Plötzlich rammte sie den Stab in den Verkaufsboden. Überrascht schaute ich auf das skurrile Schauspiel. Der Boden im Laden bestand aus soliden Eichenbelägen und trotzdem steckte der Stab jetzt im Boden. Dann flackerte das Licht und urplötzlich drehte sich der Verkaufsraum. Mir wurde schwarz vor den Augen, doch nach einigen Sekunden endete der Effekt. Ich öffnete die Augen und blickte mich um. Ich stand nicht mehr im Laden. Vor mir erstreckten sich bis zum Horizont große, weitläufige Dünen. Die Luft war trocken und die Hitze trieb selbst das letzte bisschen Wasser aus meinem Körper. Wo zum Teufel war ich?

    Es endete von einer Sekunde auf der anderen, da stand ich plötzlich wieder im Verkaufsraum. Aus meinen Klamotten träufelten feine Sandkörner. Die Verkäuferin schaute mich an. „Wie war der Kurztrip in die Sahara?“ fragte sie mich. Verständnislos schaute ich sie an. Das war doch nicht möglich. Hat sie mich gerade wirklich teleportiert? Noch immer streckte sie die Hand aus und nach kurzem zögern bezahlte ich sie. Mir schwirrte der Kopf. Ich musste aus diesem Laden raus. Die Frau zwinkerte mir zu und reichte mir dann die Papiertüte mit den Gegenständen. Hastig griff ich nach der Tüte und lief Richtung Ausgang. „Übrigens, ich bin Charlie!“ rief die Verkäuferin von hinten.

    Ich stieg in meinen Van und schloss die Augen. Langsam beruhigte ich mich wieder. Dann öffnete ich die Tüte mit den okkulten Gegenständen. Als erstes nahm ich die Adlerkralle in die Hand. Beinahe hätte ich die Kette überrascht fallengelassen. Ein sanftes Kribbeln durchzog meine Hand. Ich legte mir die Kette um den Hals und wartete. Erstmal passierte nichts, doch dann kam da dieses Gefühl. Es war so, als würde ich all die Eindrücke aus meiner Umgebung auf einmal wahrnehmen. Nein. Viel mehr war es so, als würde mein Geist über meinen Körper schweben. Ich spürte einen herannahenden Truck. Sofort öffnete ich die Augen und sah gerade noch so, wie ein junger Mann zur Seite sprang, als ein großer blauer Lieferwagen die Straße langraste. Verdammt. Das war echt unheimlich.

    Dann nahm ich den Ring in die Hand. Das Silber war kalt und trotz der geringen Größe, wog der Ring relativ schwer. Ich steckte ihn mir an den rechten Ringfinger. Erstmal passierte gar nicht, doch plötzlich spürte ich einen sengenden Schmerz am Finger. Ich schrie auf und sah wie das Silber sich verflüssigte und in meine Haut einsickerte. Am Ringfinger blieb nur noch ein kleines Pentagramm Symbol zurück. Es sah so aus, als hätte mir jemand ein Tattoo verpasst. Ich lehnte mich zurück, nahm paar kräftige Atemzüge und beruhigte mich wieder. Dann startete ich den Wagen und fuhr zurück zur Universität.

    Die Fahrt verlief ereignislos und nach einer knappen dreiviertel Stunde erreichte ich den schlecht beleuchteten Parkplatz des Wohnheimes. Bereits als ich auf den Parkplatz fuhr, hatte ich ein ungutes Gefühl. Etwas lag in der Luft. Ich wusste nicht, ob es am Anhänger lag, aber einer plötzlichen Vorahnung halber, nahm ich die Waffe aus dem Handschuhfach und steckte mir diese in den Hosenbund. Der Parkplatz des Wohnheimes, war von uralten Kastanien und Walnussbäumen umgeben. Vieler der Blätter hatten sich bereits verfärbt, ein Zeichen dafür das der Herbst bereits vor der Tür stand. Auf einem der Bäume hockte ein Rabe, der sich fleißig das Gefieder putzte.

    Als ich aus dem Wagen stieg, schaute mich der Rabe mit seinen kleinen, schwarzen, Murmelaugen an, krächzte und flog dann weg. Mittlerweile war es doch schon recht düster. Die Lichter im Wohnheim waren aus, was wahrscheinlich daran lag, dass die meisten Studenten bei der neuen Verbindungsparty sind und sich kräftig, den flüssigen Sprit in die Kehlen gossen. Leichte Nebelschwaden überdeckten die altersschwachen Straßenlaternen am Parkplatz, so dass ein diffuses Lichtspiel entstand. Irgendetwas stimmte hier gewaltig nicht. Der Anhänger schien zu brennen, denn ich spürte eine ungeheuerliche Wärme an meiner Brust.

    Langsam ging ich in Richtung Eingangstür. Auf halbem Wege blieb ich nochmals stehen. Der Nebel wurde langsam dichter. Erste Ausläufe des nie endeten Graus umschlungen bereits meine Knöchel. Ich drehte mich ruckartig zur Tür und nach ein paar Schritten öffnete ich diese dann. Die alten Scharniere, der in die Jahre gekommenen Tür öffneten sich mit einem quietschen. Ich betrat den langen Flur des Wohnheimes, während die alte Haustür langsam ins Schloss fiel. Der Flur des Wohnheimes war knapp fünfzehn Meter lang. Insgesamt gab es auf jeder Seite vier Türen mit jeweils einem Doppelzimmer. Im ersten Stock waren demnach die Beherbergung von sechzehn Studenten möglich.


    Die Wände bestanden bis zur Hüfthöhe aus alten Eichenplatten, der Rest der Wand bestand aus alten Backsteinen, denen man in den letzten Jahren mit weißem Mörtel überstrichen hatte. Der weiße Mörtel war mittlerweile, gräulich und zeigte an einigen Eckpunkten bereits risse. Es schien fast so, als würden sich die Jahrhundertalten Backsteine gegen den neuen Anstrich wehren.

    Der Boden bestand aus billigem Linoleum, der die alten Marmorplatten überdeckte. Früher seien wohl einige Studenten auf den rutschigen Marmorplatten ausgerutscht. Um nicht verklagt zu werden, entschied sich der Verwaltungsrat der Universität, um eine kostengeringe Alternative.

    Alle drei Meter befand sich eine große Deckenleuchte, insgesamt fünf dieser Leuchten gab es. Allerdings schienen die erste Deckenleuchte und auch die vierte einen technischen Defekt vorzuweisen. In regelmäßigen Abständen fingen die Lampen an zu flackern. Ich erinnerte mich, dass es heute Morgen in aller früh noch nicht so war. Die restlichen Lampen strahlten nur noch mit halber Leuchtkraft, fast so als würde sich etwas von dem Licht ernähren und langsam den Lebensgeist der Lampen aussaugen, was natürlich Schwachsinn war, denn immerhin handelte es sich hier um tote Objekte.

    Das wenige Licht sorgte für ein diffuses Schattenspiel. Hinzu kam die unbeschreibliche Kälte. Der kalte Schweiß auf meiner Stirn begann bereits zu gefrieren, kleine Rauchwaden entwichen beim Atmen aus meinem Mund. Irgendetwas stimmte hier gewaltig nicht. Mein sechster Sinn schrie Alarm, was wahrscheinlich auch am Anhänger lag. Hier lauerte etwas Gefährliches, etwas Lebensbedrohliches. Das Zimmer von Leroy und mir befand sich auf der linken Seite. Zimmer Nummer drei. Langsam ging ich zu meiner Zimmertür. Je näher ich der Tür kam, desto mehr spürte ich die Gefahr.

    Dann stand ich vor meiner Tür und drehte langsam den Knauf auf. Wie in Zeitlupe öffnete sich die Tür. Im Zimmer war es noch kälter und es roch nach BBQ. Nein, es roch eher nach verbranntem Fleische. Leroy lag links auf seinem Bett. Mein Herz setzte aus. Automatisch ging ich zu dem Bett und schaute meinen Zimmergenossen an. Seine Augen waren weit offen und nach hinten gedreht, so dass man nur noch das Weiße sehen konnte. Sein Gesicht war zu einer starren, grotesken Grimasse gefroren. Sein Mund stand weit offen, so als würde er schreien. Doch Leroy gab keinen Ton von sich. Er lag nur stumm da.

    Ich spürte, wie sich ein Blick in meinen Rücken bohrte. Langsam, wie in Zeitlupe, drehte ich mich um. Dort, hinten an der rechten Ecke stand eine Gestalt im Schatten. Meine Kehle schnürte sich vor Angst zu, als ich sah wie die Gestalt langsam nach vorne, in das spärliche Licht, der Straßenlaternen trat. Es war Mason.

    Die Gestalt hatte nichts mehr von einem Menschen. Jegliche Haut und Kleidung waren verbrannt, an einigen Stellen sogar schon verkokelt. Gelbe Augen und Nadelscharfe Zähne lächelten mich an. Ich wusste einfach, dass dieses Ding Mason ist oder war. Die Kreatur röchelte und dann sprach sie. „St---even…s-o si-eht m-an si-ch wie-der” röchelte das Monster. Panisch griff ich in meinen Hosenbund und zog meine Waffe. Zitternd richtete ich das Tötungswerkzeug auf Mason, oder was auch immer dieses Monster jetzt auch war. Die Kreatur lächelte und mir einer Handbewegung flog die Waffe aus meiner Hand und landete in einer dunklen Ecke. Ungläubig starrte ich auf meine leere Hand.


    Hast du wirklich gedacht, dass du mich mit so einer primitiven Waffe töten kannst, Steven?“ kam es von Mason. Mittlerweile konnte er vernünftig, wenn auch etwas heiser, reden. Auch einige Brandstellen an seinem Körper schienen heller zu werden. Als hätte er meine Gedanken gehört, antwortete Mason. „Oh. Dein Freund hier, leiht mir ein bisschen seiner Lebenskraft. Ich bin immer noch tot, Steven. Und auch mit der Lebenskraft deines Freundes, werde ich nicht wieder leben. Allerdings reicht es aus, um meine verletzte Seele ein bisschen zu heilen. Stelle dir das einfach, wie ein Energieschub vor.“ Mason kicherte wie ein verrückter. „Du elendiger Bastard, ich habe dich getötet. Dich und deine, von Inzucht getrieben Brut!“ schrie ich die Bestie an.

    Mason aka Monster kam langsam auf mich zu und starrte mich hasserfüllt an. „Dachtest du wirklich, dass der Tod das Ende wäre? Nein es geht gerade erst los. Erst werde ich Besitz von dir ergreifen und dann werde ich alle die du liebst auslöschen!“ Masons Stimme wurde merklich kälter.

    Voller Panik und Wut griff ich in meine Jackentasche und warf das geweihte Salz auf die abscheuliche Höllenkreatur. Das weiße Gold ergoss sich über den verbrannten Körper. Mason stieß einen schrillen Schrei aus, das geweihte Salz hinterließ schwarze Brandflecke auf dem geschundenen Körper.

    Dann war die Wirkung des Salzes wohl vorbei, denn die hasserfüllten dämonischen Augen blickten mich kalt an. Dann, ganz langsam öffnete sich der Mund der Kreatur. Schwefelhaltiger Atem bliess mir ins Gesicht. „Ich werde mir deinen Körper nehmen“ flüsterte die Kreatur mir hasserfüllt zu.

    Urplötzlich wurde ich, wie durch eine unsichtbare Macht, durch den Raum geschleudert. Mein Rücken knallte gegen meiner Zimmertür, die Luft wurde mir gewaltsam aus der Lunge getrieben. Ich kämpfte gegen die nahende Bewusstlosigkeit an, kurz klärte sich mein Blick auf.



    Mason stand vor mir. Seine Gestalt jedoch verflüssigte sich, ein schwarz-roter Nebel formte sich und flog mit atemberaubender Geschwindigkeit auf mich zu. Mit voller Wucht traf der Nebel auf meine Brust. Rippen brachen und mein Blick schwärzte sich. Kälte bereitete sich aus. Doch dann, spürte ich einen sengenden Schmerz an meinem rechten Ringfinger.

    Das Tattoo mit dem Pentagramm leuchtete golden auf und ein markerschütternder Schrei erklang. Der diffuse Nebel wurde aus meinem Körper geschleudert und flog an die gegenüberliegende Wand. Es knallte und dann war der Spuk vorbei. Die Kälte klang ab, als die Heizungen im Zimmer wieder die Arbeit aufnahmen. Auf der gegenüberliegenden Wand war ein großer schwarzer Brandfleck zu erkennen. Mason, oder das was von ihm übriggeblieben war, existierte nicht mehr. Anscheinend hatte die Kreatur die verbleiben Kraft genutzt, um meinen Körper in Besitz zu nehmen. Das Pentagramm jedoch hat dies verhindert.

    Kurze Zeit später hörte ich das gleichmäßige Atmen von Leroy. Anscheinend ging es ihn wieder gut. Mühsam setzte ich mich auf das Bett und schlief ein. Meine letzten Gedanken drehten sich um den Kult und um Charlie. Letzten endlich haben mich die magischen Gegenstände gerettet. Sie würden mir in Zukunft eine große Hilfe sein. Denn jetzt wiegte mich bittere Entschlossenheit in den Schlaf.




  • Ich höre Mal bei Gelegenheit rein. Hatte mir eine Zeit lang auch gerne Hörbuchvertonungen von David Nathan (deutsche Stimme zu Johnny Depp) angehört, während eine ich Runde Aufbau-Strategie spiele. Da passen solche Formate meiner Meinung nach super rein - gerade wenn man schon manche Aspekte des Spiels teilautomatisch drinnen hat. :)

  • Hallo,


    ich habe nun ein kleines Prequel geschrieben. Die Story dreht sich um Charlie, die wir im zweiten Teil kennengelernt haben.



    Der Waldmann


    Es war ein bewölkter Spätnachmittag im September, als sich mein Leben schlagartig ändern sollte. Ich lebte in Portland und besuchte eine örtliche High School. Mit meinen siebzehn Jahren hatte ich noch eine Menge vor mir. Ich wollte Jura studieren und träumte von einer eigenen Kanzlei.

    An dem besagten Tag ging ich gerade nach Hause. Ich hatte in der Schule etwas länger gebraucht, daher verpasste ich leider den Schulbus. Wir lebten zwar im Zentrum der Stadt, aber meine High School lag etwas außerhalb im Wald. Es war eine reine Mädchenschule. Meine Eltern bestanden darauf.

    Jungs würden mich nur ablenken, meinte meine Mutter immer zu mir. Dabei stand ich noch nicht einmal auf Jungs. Ich fühlte mich schon seit meiner Kindheit zum eigenen Geschlecht hingezogen. Vor einigen Monaten hatte ich mich dann vor meinen Eltern geoutet. Das war ein Fehler, wie ich bald erfahren sollte.

    Meine Mutter fiel in Tränen aus und mein Vater schimpfte mich mit hochrotem Kopf aus. Für meine Eltern war meine Homosexualität eine Sünde. Sie waren orthodox Katholisch und duldeten keine Homosexualität. Irgendwann haben sich meine Eltern dann beruhigt und ich dachte das Thema wäre dann erledigt. Ich habe falsch gedacht.

    Ich ging also den bewaldeten Weg nach Hause und war in Gedanken versunken. Denn sonst hätte ich den verhüllten Mann gesehen, der mich seit geraumer Zeit nachstellte. Er hatte ein fahl grünes Gesicht, grüne Kleider an denen Angelhaken befestigt waren. Doch am bedrohlichsten war, dass große Fischersnetz, dass über seinen Schultern baumelte.

    Irgendwann bemerkte ich dann, dass etwas nicht stimmte. Es war einfach zu still. Nur das Knarren der alten urigen Stämme im Wald war zu hören und ein bedrohliches Schlurfen, dass von hinten kam. Ich blieb stehen und drehte mich um.

    Mein Herz setzte aus. Fauliger Atem schlug mir ins Gesicht, pockige Auswüchse berührten mein zartes Puppengesicht. Meine braunen Rehaugen weiteten sich. Der Schweiß sammelte sich unter meinem roten Beanie. Die Augen des Mannes waren leer. Weiße, milchige Murmeln durbohrten meinen Geist. Meine Beine knickten ein und mir wurde schwarz vor den Augen.


    Ich rüttelte an den schweren Eisenketten, die meine Handgelenke umschlossen. Meine Hände schmerzten und brannten wie Feuer. Überall am Körper juckte es. Wahrscheinlich lag das an dem Ungeziefer, dass den feuchten Kellerboden bewohnte. Es war dunkel, nur ein schmaler Streifen Licht fiel durch das milchige kleine Kellerfenster. Mein Mund fühlte sich trocken an, die Lippen waren bereits spröde. Meine Uniform war stellenweise zerrissen. Mein schwarzer Hunkemöller BH spannte sich um meine mittelgroßen festen Brüste. Amelia hatte mir diesen geschenkt. Kleine Wassertropfen landeten mit einem platschen auf den nassen Kellerboden. Im grünlichen Wasser spiegelte sich mein verzerrtes Gesicht wider. Meine großen Rehaugen starrten ins Nichts.

    Wo bin ich hier? Ich versuchte aufzustehen. Doch meine Beine waren auf dem Boden fixiert. Große Eisenbeschläge hielten meine Schenkel am Boden. Ich versuchte zu schreien, doch nur ein trockener Ton kam von meinen Lippen. Wie lange lag ich hier? Ich schmeckte den trocknen Pelz auf meiner Zunge. Gegenüber von mir war eine schwere Holztür. Sie war nur angelehnt. Was für eine Farce!

    Der Ausgang lag direkt vor mir, doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich fühlte, wie etwas in mir zerbrach. Meine Seele, meine Kraft, mein Selbst drifteten langsam weg. Die bedrohlichen Schatten nahmen zu. Ich spürte die kälte in meinen Knochen. Ich schlief ein und ließ die Hoffnung fahren.

    Special Agent Alicia Thrones taxierte die kleine Hütte im Wald. Vor drei Tagen verschwand ein junges Mädchen. Sie besuchte das Mädcheninternat im Wald und verpasste wohl den Bus. Laut Zeugenaussagen machte sich das Mädchen dann auf dem Weg nachhause. Dort kam es jedoch nie an. Nach zwei Tagen meldete sich die Freundin des Mädchens bei mir. Sie machte sich große Sorgen um ihre Freundin und vermutete, dass die Eltern des verschwundenen Mädchens dahintersteckten.


    Ihre Freundin erzählte mir, dass die beiden ein Paar wären und die Eltern das nicht guthießen. Mehr noch: Sie reagierten äußerst aggressiv. Anscheinend waren die Eltern streng religiös. Alicia machten sich dann auf und besuchte die Eltern. Diese waren von Anfang an komisch. Das wichtigste jedoch: Es waren nicht ihre leiblichen Eltern, denn diese starben bei einem Autounfall. Die beiden Pflegeltern hatten das Mädchen später adoptiert.

    Jedenfalls taten die Eltern so, als wüssten sie von nichts. Ich merkte schon von Anfang an, dass da etwas nicht stimmte. Nachdem ich dann meine Marke auf den Tisch knallte und den Eltern mit einer kleinen Reise nach Guantanamo gedroht hatte, gaben diese dann an, dass Mädchen entführt und in Ihre Waldhütte gesperrt zu haben. Laut den beiden sollte es sich um eine Umerziehungsmaßnahme handeln. Ihre Pflegetochter war krank, vom Teufel besessen gaben die beiden an.


    Auf nachfrage berichteten sie mir, dass ihre Pflegetochter Homosexuell sei, und man nur ihr bestes wollte. Die Wut überkam mich und ich machte einen Anruf. Noch am selben Tag wurden die Pflegeeltern in eine örtliche Haftanstalt überführt.

    Danach machte ich mich auf den Weg, um das Mädchen zu befreien.

    Nun stand ich vor der kleinen Hütte im Wald. Das Holz zeigte bereits spuren von Verwitterung und die Fenster wurden seit Jahren nicht mehr gereinigt. Über mir knarzten die dicken Äste der Eichen und Fichten und erzeugten so eine düstere Atmosphäre.

    Die Eingangstür öffnete sich mit einem leisen knarren, dass in der bedrohlichen Stille sich wie ein Pistolenschuss anhörte. Der Innenraum war nur spärlich eingerichtet. Es gab einen kleinen Tisch, einen gemauerten Kamin und einige alte Bauernschränke, die mit unterschiedlichsten Dingen beladen waren. Rechts führte eine kleine Treppe nach unten.


    Ich vernahm ein leises Stöhnen von unten und beeilte mich. Die schwere Kellertür war nur angelehnt und öffnete sich mit einem leisen quietschen. Vor mir auf dem Boden lag ein Mädchen. Ihre Blauschwarze Uniform war stellenweiße zerrissen.

    Ihre Bluse war offen und gab den Blick auf einen schwarzen BH frei. Das Mädchen schien zu schlafen. Langsam schritt ich zu ihr und öffnete die Fesseln, mit denen das Mädchen gefesselt war. Den Schlüssel gaben mir ihre Pflegeltern. Das Mädchen wachte auf und starrte mich an. Ihre rote Mütze, ein Beanie, war beladen mit einer menge Pin-Ups. Langsam öffnete das Mädchen den Mund, ihre Augen weiteten sich, sie hob den Finger und zeigte nach hinten. Ich drehte mich um und sah nur die leere Treppe nach oben. Dann wurde das Mädchen erneut bewusstlos.

    Langsam hob ich sie auf, nahm ihr die Mütze vom Kopf und streichelte sie am Kopf. Ich würde sie bei mir aufnehmen. Meine Schwester führte einen esoterischen Laden in der Innenstadt. Dort könnte das Mädchen aushelfen, um auf andere Gedanken zu kommen.


    „Alles ist gut Charlie. Du bist jetzt in Sicherheit“ flüsterte ich ihr zu.

    Während die mittelalte Frau das Mädchen aus der Waldhütte trug, bemerkten beide den großen Schatten am Waldesrand nicht. Milchige Augen taxierten die beiden Frauen. Ein kleiner Windstoß und der Schatten war fort…


    Wälder sind unheimliche Orte. Licht und Schatten vermischten sich dort und schaffen Schattenwesen, die um die alten, knorrigen Stämme der Bäume tanzen. Begierig darauf, das Leben von ahnungslosen Menschen aufzusaugen.


    Auch heute noch verschwinden, besonders in den Appalachen, Menschen. Manche wurden die wieder gesehen. Andere hingegen legten laut, Zeugenaussagen, groteske Verhaltensweisen an den Tag und wurden später tot aufgefunden. Die Geschichte weiter oben mag zwar frei erfunden sein, das Verschwinden der zahlreichen Menschen in Wäldern aber nicht. Unter dem Suchbegriff Missing 411 findet man zahlreiche solcher Berichte…