Was denkt ihr über Diversität in Makerspielen?

  • Ich möchte das aus meiner Sicht sehr interessante und stets aktuelle Thema auch in diesem Forum zur Diskussion stellen.


    Im Kern geht es darum, um Missverständnissen vorzubeugen, zumindest einige der wichtigen Rollen mit Figuren aus unterrepräsentierten Gruppen zu besetzen. Die Menschen, die repräsentiert werden sollen, werden zum Beispiel wegen ihrer Herkunft, Identität, sexuellen Ausrichtung oder aufgrund körperlicher Merkmale ausgegrenzt und ausgeblendet. Auch in Spielen und daran wollen die Befürworter der Diversität etwas ändern.


    Wie steht ihr zum Thema? Habt ihr selbst schon mal daran gedacht, Figuren aus den angesprochene Gruppen einzubauen oder habt ihr es sogar schon getan? Rechnet ihr mit Schwierigkeiten? Welche Form der Repräsentation ist gelungen und welche nicht?

  • Das Thema ist wie in allen anderen Spielen auch zu behandeln. Meine Vorgehensweise hierbei wäre wenn man derartige Themen sowieso schon einbezieht auch auf eine anständige Repräsentation zu achten. Wenn man dies dann tut unbedingt die Charaktere aber nicht auf diese Eigenschaft reduzieren, das hilft niemandem weiter. Ich muss aber sagen dass es, zumindest bei allen Spielen die ich so bis jetzt mit dem Maker gemacht hab, tatsächlich gar nicht mal so sinnvoll ist, wenn man sowieso keine Romantischen/Sexuellen Elemente im Spiel hat macht es keinen Sinn unbedingt einen homosexuellen Charakter einzubauen. Kann ja sein dass einer der Charaktere eine andere Sexualität hat, aber wenn das Thema nicht fällt kann es natürlich niemandem auffallen.

  • Ohne zu viel verraten zu wollen, kann ich hier sagen, dass in meinem Spiel definitiv Leute aus diesen unterrepräsentierten Gruppen auftauchen werden.

    Es wird nicht das zentrale Thema sein, aber ich werde am Rande meiner Geschichte auf einige Dinge eingehen und hoffe, damit vielleicht ein paar Vorurteile abbauen zu können oder zumindest zum Nachdenken anzuregen.

  • Ein interessantes, aber trotzdem undankbar zu diskutierendes Thema.


    Ich finde es gut, wenn eine spannende Figurenkonstellation in Spielen zu finden ist und dazu kann selbstverständlich auch zählen, dass es sich um Charaktere von grundsätzlich eher unterrepräsentierter Gruppen handelt. Hier liegt sehr viel erzählerisches Potenzial. Wenn es gut gemacht wird.


    Es gibt allerdings einen Fallstrick: Wenn man merkt, dass die einzige Intention, eine Figur aus einer "unterrepräsentierten Gruppe" einzubauen, die ist, dass die ErstellerInnen das Gefühl hatten, es tun zu müssen - um bspw. den von dir erwähnten Missverständnissen vorzubeugen. Also dass die Figuren nur drin sind, weil die ErstellerInnen befürchten, sonst für rassistisch, sexistisch etc. gehalten zu werden. Also wenn Kalkül, aber keine narrative Motivation und Vision dahintersteckt.

    Weil dann ist die Gefahr groß - grad auch bei Hobbyprojekten wie Makerspielen, wo keine professionellen Storyabteilungen am Werk sind - eine eindimensionale Figur einzubauen, die dem Thema in keinster Form gerecht wird und im schlimmsten Falle so schlecht oder unsympathisch geschrieben ist, dass die eigentliche noble Idee dahinter ins Gegenteil verkehrt wird. Es gibt leider diverse Spiele, Bücher und Filme, in denen Frauencharaktere vorkommen, die makellos, idealisiert, tough, kämpferisch sind, also "Superheldinnen" ohne jede Schwäche, aber auch ohne jedes Profil. Weil man offenbar mit dem Brecheisen dem lange genutzten Bild der hilfebedürftigen Frau, die auf den Helden wartet, entkommen wollte. Dass dabei aber absurd konturlose und schlicht schlechte Charaktere bei rauskommen, die für sich genommen ein neues Klischee bilden, wird oft nicht verstanden und hilft deshalb kein Stück, eine diversere Szenerie zu erschaffen. Andere Beispiele sind die zu positive Darstellung behinderter Menschen, beispielsweise das Stereotyp vom blinden Menschen, dessen andere Sinne dafür übernatürlich gut ausgeprägt sind. Das ist eine Darstellung, die vielleicht lieb gemeint ist, aber völlig am Ziel vorbei geht. Gruppen angemesser zu repräsentieren, heißt nicht, ihnen jede Schwäche zu nehmen. Das verharmlost im schlimmsten Fall die Schwierigkeiten, denen sie im realen Leben ausgesetzt sind. Ein lesenswerter Beitrag hierzu, falls es wen interessiert: https://www.karina-sturm.com/u…-behinderungen-berichten/


    Ein weit verbreitetes Problem ist die Berichterstattung, die behinderte Menschen wie Superhelden aussehen lässt. Während dieser Stereotyp von einigen Wissenschaftlern als dezent positiv für die Selbstwahrnehmung behinderter Menschen angesehen wurde (Zhang & Haller, 2013), deuten die meisten Studien auf ein negatives Ergebnis hin, wenn Minderheiten in einem zu heldenhaften Licht dargestellt werden (Grue, 2016); Es ist ungenau und unausgewogen und spiegelt nicht die Realität von Menschen mit Behinderungen wider.

    Um noch auf Makerspiele zu sprechen zu kommen. Ich kenne kaum Makerspiele, in denen mir entweder a) ein negativ einseitger Cast oder b) ein bewusst diverser Cast aufgefallen wäre. Ich habe mal ein Spiel gespielt, ich weiß nicht mehr, wie heißt, da wurde es meiner Einschätzung nach schlecht umgesetzt. Ich glaube die gesamte Party war homosexuell (zwei Paare) und alle Charaktere waren ausschließlich mit positiven Eigenschaften besetzt, keinesfalls lebensecht, und im geradezu lächerlichen Maße nett und freundlich, wohingegen die Gegenspieler ausschließlich böse waren. Das war eines der von mir angesprochenen Negativbeispiele.

    Und Positivbeispielse...hmm, tatsächlich fallen mir wenige ein. Ich finde das hier im Forum vertretene Spiel Sunstone Chronicle interessant, auch wenn ich nur den Beschreibungstext kenne und es nicht selbst gespielt habe. Es hat, was für Makerverhältnisse selten ist, einen dunkelhäutigen Charakter und nutzt dafür einen interessanten Lore-Hintergrund, der offensichtlich Probleme nicht ausgrenzt, aber auch nicht mit dem Holzhammer eine Ideologie vermitteln will.


    Ich selber würde auch Charaktere aus unterrepräsentierten Gruppen einbauen, klar. Sofern ich damit eine gute Geschichte erzählen kann.

  • Also fast alle meine Hauptcharaktere sind Homosexuell beziehungsweise Bisexuell. Ich finde so etwas überhaupt nicht schlimm. Und falls es Leute, die irgendwann mal mein Spiel spielen, total danneben

    finden und mit der Thematik nicht klar kommen, dann ist mir das als Entwickler so ziemlich egal. Wir leben in einer offenen Gesellschaft und wenn einige meinen, die müssen noch in der Feudalzeit leben,

    dann bitte. Aber davon lass ich mich nicht triggern.


    Bei meinem letzten Jam Game, gab es zb. nur Protagonistinnen, die alle Bisexuell waren. Da habe ich auch einige Anfragen (vorwiegend Englisch) bekommen, ob ich mich

    denn nicht schäme. Habe ich gekonnt ignoriert :S


    Spieleentwickler sind ja auch nur "Künstler" und man sollte das Recht habe, sich da frei auszuleben, sofern es nicht illegal ist.

  • wenn man sowieso keine Romantischen/Sexuellen Elemente im Spiel hat macht es keinen Sinn unbedingt einen homosexuellen Charakter einzubauen. Kann ja sein dass einer der Charaktere eine andere Sexualität hat, aber wenn das Thema nicht fällt kann es natürlich niemandem auffallen.

    Dem stimme ich bis zu einem gewissen Teil zu. Ich finde nicht das es Sexuelle Elemente geben muss damit es "Sinn" macht und man einen homosexuellen Charakter "erkennt".

    Vielleicht kennt ihr die Serie "Star gegen die Mächte des Bösen". Ich habe mit einer Freundin ziemlich lange diskutiert ob Star Bi ist. Es gib auch Figuren die eindeutiger Homosexuell sind, aber bei ihr war es eben nicht eindeutig^^


    Was mich immer sehr stört: es gibt kaum positiv-Beispiele


    Ich meine damit, fast immer sind Frauen in Spielen Heilerin oder Zauberin, sehr selten Nahkämpfer. Und wenn sie Ritter werden wollen, müssen sie immer erst mal um dieses Recht kämpfen. Irgendwie gibt mir das immer das Gefühl, es soll so sein, sie müssen Ausnahmen sein. Es ist nie die Regel und das stört mich sehr. Aber eher im Fernsehen als in Spielen.


    Ich denke es ist auch nicht einfach Diversitäten einzubauen, wenn die Welt recht klein ist, oder man keinen großen Fokus auf Religion oder Hautfarbe legt.


    Ich spiele lieber Spiele mit weniger Diversität und dafür bessere Figuren, als diverse aber plumpe Figuren.

    Am besten wäre natürlich beides^^


    Ich habe mal für Geschichten entschieden das Geschlecht von Nebenfiguren zu würfeln, aber erst nachdem ich ihre genauere Rolle beschrieben habe. Klingt komisch kann aber einen großen Unterschied für die Wirkung einer Figur ausmachen. Bisher habe ich mir aber noch keine Gedanken über die sexualtität meiner Figuren Gedanken gemacht.

  • Ich meine damit, fast immer sind Frauen in Spielen Heilerin oder Zauberin, sehr selten Nahkämpfer. Und wenn sie Ritter werden wollen, müssen sie immer erst mal um dieses Recht kämpfen. Irgendwie gibt mir das immer das Gefühl, es soll so sein, sie müssen Ausnahmen sein. Es ist nie die Regel und das stört mich sehr. Aber eher im Fernsehen als in Spielen.

    Das ist auch so ein Klischee das ich nie verstanden hab. Wo kommt das überhaupt her und warum machen das so unfassbar Spiele scheinbar ohne Grund?

  • Ich meine damit, fast immer sind Frauen in Spielen Heilerin oder Zauberin, sehr selten Nahkämpfer. Und wenn sie Ritter werden wollen, müssen sie immer erst mal um dieses Recht kämpfen. Irgendwie gibt mir das immer das Gefühl, es soll so sein, sie müssen Ausnahmen sein. Es ist nie die Regel und das stört mich sehr. Aber eher im Fernsehen als in Spielen.

    Das ist auch so ein Klischee das ich nie verstanden hab. Wo kommt das überhaupt her und warum machen das so unfassbar Spiele scheinbar ohne Grund?

    Da die meisten Fantasy-Szenarien mehr oder weniger historisch verankert sind und zumindest Teile der mittelalterlichen, mitteleuropäischen Kultur adaptieren, ist entsprechend das erwartete Bild eines Ritters auch männlich, so wie es historisch war. Das Klischee der heilenden Frau könnte meiner Einschätzung nach aus zwei Gründen entstanden sein: 1. Da, wie oben erklärt, Ritter meist männlich sind, wurden weibliche Charaktere eben oft den noch freien Rollen einer typischen RPG-Party zugeteilt. 2. Das Bild der sich aufopfernden, pflegenden (=heilenden) Frau ist ja auch kulturell bei uns verankert bspw. durch lange Zeit überwiegend weibliche Krankenpflegerinnen. Genau wie das Bild "Männer nehmen Leben, Frauen geben und bewahren Leben". Generell ist es so ja, dass Männer im Durchschnitt destruktiver, impulsiver, körperlicher sind und dies sind Attribute, die eher mit einem Nahkämpfer verbunden werden.

  • Ich meine damit, fast immer sind Frauen in Spielen Heilerin oder Zauberin, sehr selten Nahkämpfer. Und wenn sie Ritter werden wollen, müssen sie immer erst mal um dieses Recht kämpfen. Irgendwie gibt mir das immer das Gefühl, es soll so sein, sie müssen Ausnahmen sein. Es ist nie die Regel und das stört mich sehr. Aber eher im Fernsehen als in Spielen.

    Das ist auch so ein Klischee das ich nie verstanden hab. Wo kommt das überhaupt her und warum machen das so unfassbar Spiele scheinbar ohne Grund?

    Da die meisten Fantasy-Szenarien mehr oder weniger historisch verankert sind und zumindest Teile der mittelalterlichen, mitteleuropäischen Kultur adaptieren, ist entsprechend das erwartete Bild eines Ritters auch männlich, so wie es historisch war. Das Klischee der heilenden Frau könnte meiner Einschätzung nach aus zwei Gründen entstanden sein: 1. Da, wie oben erklärt, Ritter meist männlich sind, wurden weibliche Charaktere eben oft den noch freien Rollen einer typischen RPG-Party zugeteilt. 2. Das Bild der sich aufopfernden, pflegenden (=heilenden) Frau ist ja auch kulturell bei uns verankert bspw. durch lange Zeit überwiegend weibliche Krankenpflegerinnen. Genau wie das Bild "Männer nehmen Leben, Frauen geben und bewahren Leben". Generell ist es so ja, dass Männer im Durchschnitt destruktiver, impulsiver, körperlicher sind und dies sind Attribute, die eher mit einem Nahkämpfer verbunden werden.

    Das isr eine gute Erklärung für den Ursprung aber nicht dafür, warum es so unendlich oft vertreten wird. Zauberin ist ja oft gleich Hexe und Hexe = weiblich. Früher gab es oft auch kaum Ärzte die sich die normale Bevölkerung leisten konnte, dafür hatten sie Hebammen, die rein weiblich waren und sich sehr gut mit Kräutern und Krankheiten auskannten, zusätzlich zur Geburtshilfe.

    Es ist sehr schwer Rollen zu schreiben, die kein bisschen Stereotyp sind, man sollte sich nur manchmal Fragen: "ist das Persönlichkeit oder Klischee?" Eine kämpfende Frau ist, wenn sie vorkommt häufig auch sehr männlich dargestellt, mindestens sehr dominant.

    Wenn man sich den kulturellen Verlauf auf die Geschlechter bezogen ansieht, so bleiben die Rollenbilder sehr stabli. Menschen geht außerdem immer nur davon aus, das die Frau männlicher wird, nie davon, das der Mann weiblicher wird (die tatsächliche Änderung ist so gering das es ohne Aussage ist, die Rollenbilder sind überraschend stabil). Irgendwie wurmt mich das immer. Frauen tragen ja auch Hosen, wenn Männer aber Röcke tragen, ist das lustig und seltsam.


    Wenn man im Spiel aber eine Gruppe von 4 Leuten hat und davon eine Frau, ist es leicht eine nicht Stereotype Rolle zu finden. In meinem Spiel sind es 3 davon 2 Frauen, eine Kriegerin, ein Magier. Jetzt habe ich die Frage, soll die dritte auch Magierein, oder eben Heilerin, oder auch Kämpferin werden, auch wenn man dann erstmal keinen Heiler hat?

    Da kommt es dann eben auch auf die Geschichte und den Einfallsreichtung als Maker an.


    btw: tatsächlich gab es Frauen Armeen die auch in Kriegen gekämpft haben. Im Gegensatz zu den Männern haben sie gezielt ihre Gefühle eingesetzt und Schrecken verbreitet, sogar die eigene Seite kam damit nicht gut klar. ich weiß allerdings nicht mehr in welcher Zeit das war.

  • Dxsty98

    Das entscheidende Merkmal der Figur muss irgendwie sichtbar gemacht werden, das stimmt, aber die Frage ist in welchem Umfang. Ich denke nicht, dass es nötig ist, bei zum Beispiel einer homosexuellen Figur eine Liebesgeschichte einzubauen.


    Zitat

    Das ist auch so ein Klischee das ich nie verstanden hab. Wo kommt das überhaupt her und warum machen das so unfassbar Spiele scheinbar ohne Grund?

    Ich nehm an, dass die meisten Entwickler diese Tropen einfach übernehmen, ohne über sie nachzudenken. Aus ähnlichen Gründen sind die Bewohner vieler Makerrollenspielwelten weiß, egal in welcher Klimazone sie leben. Dahinter steckt in den seltensten Fällen eine Agenda, es kommt nur kaum jemanden in den Sinn, wie komisch das eigentlich ist.


    Die Rollenspiele, die irgendwann mal damit angefangen haben, weibliche Gruppenmitglieder als körperlich schwach darzustellen, taten das vermutlich, weil lange Zeit propagiert wurde, dass Frauen das "schwache Geschlecht" sind.


    TBG

    Aber die Figuren unterscheiden sich ja nicht von allen anderen, außer in dem einen Merkmal. Einen Menschen mit dunklerer Hautfarbe würde man genauso schreiben wie einen mit hellerer, eine homosexuelle Figur genauso wie eine heterosexuelle. Ich bin also der Ansicht, dass Merkmale wie die Hautfarbe, das Geschlecht oder die sexuelle Ausrichtung keine narrative Funktion erfüllen müssen.


    Wenn dem Autor die Figuren misslingen, dann würden sie es sicher auch, wenn sie keiner marginalisierten Gruppe angehören.


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so viele Entwickler gibt, die sich gegen ihre eigenen Interessen in der Pflicht sehen, Figuren aus marginalisierten Gruppen einzubauen. Wer es macht, der macht es aus freien Stücken.

  • Man muss bei dem Thema Diversität und Stereotypen etwas entscheidendes bedenken: typische Rollenbilder z.B. wurden gerade in unserer Kultur mit einem recht einseitigen Verständnis geprägt und über Jahrhunderte hinweg in der Form gefördert und zementiert (vielen Dank Christentum). Deshalb ist es auch schwierig, bei Fantasy-Tropes auf etwas zu beziehen, das wirklich eine historische Authentizität wiedergibt, weil die ganze Auslegung dessen schon durch recht einfach gestrickte Filter gelaufen ist. Gerade Historiker neigten und neigen gerne dazu, marginalisierte Gruppen aus ihren Darstellungen auszulassen oder herunterzuspielen, was dann wiederum den Eindruck des ganzen verfälschen kann. Und das nicht mal, weil sie aktiv Schaden anrichten wollen, sondern einfach weil sie es selbst nicht besser kennen gelernt haben.
    Neuere Geschichtsforschung stellt immer wieder fest, dass die Welt schon immer weit diverser war, als uns immer vermittelt wurde. Und das ergibt auch Sinn: Wenn einer nur das aufschreibt, was er für wichtig erachtet, kann es ja die Realität nie wirklich abbilden. Kritisch wird es halt, wenn man alleine darauf dann seine Sicht der Welt aufbauen will...

    In unserer heutigen Zeit ist das deswegen auch sehr relevant, weil die Medien, mit denen wir uns beschäftigen, auch unweigerlich unser Bild von der Welt und den Medien, die wir konsumieren, formen. Wir bekommen serviert, was wir mögen und mögen was wir serviert bekommen. Um aus diesem Kreislauf zu entkommen, schadet es gerade als Autor/Entwickler nicht, sich einfach mit dem Warum zu beschäftigen und vielleicht auch einfach mal Dinge anders zu machen.


    Diversität ist in dem Sinne einfach nur die Erkenntnis, dass Dinge doch vielseitiger sein können, als man es vielleicht zuvor realisieren konnte. Und gerade diese Möglichkeiten machen es doch um einiges reizvoller eine eigene Geschichte zu erzählen, als schon wieder die drölfzehnte Iteration durchgekauter Tropes abzuliefern. ;)

    Und noch etwas zum Schreiben von Charakteren mit diverseren Hintergrund:
    Natürlich beeinflussen Dinge wie Hautfarbe und Sexualität das Verhalten einer Person. Es hängt halt auch von der Welt ab, in der alles stattfindet und in welcher Relation diese Eigenschaften dort stehen. Es sollte sich idealerweise aber eben nicht nur auf diese Eigenschaften beschränken, sondern eher als Gerüst für weitere Interaktionen dienen.
    Denn natürlich wird ein schwuler Mann im Umgang mit anderen Männern anders empfinden als jemand der hetero ist.
    Das Thematisieren von Sexualität bedeutet übrigens auch nicht sofort, dass sich alles um Sex, Drama und Romantik drehen muss (das ist auch nerviger Stereotyp)! Liebe & Lust kann unzählige Formen annehmen und imo ruhig auch in dieser Variation auch mehr dargestellt werden. Denkt nur mal an platonische Beziehungen, Asexualität/Aromantik oder einfach nur simples Schwärmen. Ich rate hier aber in jedem Fall zu ausgiebiger Recherche, bevor man in einen großen Fettnapf. Die Erfahrungen marginalisierter Gruppen sind nur eine Google-Suche entfernt. ;D

    Persönlich sehe ich sowas auch einfach als eine Reihe von Variablen, die eine Person ausmachen können, wie auch Körpergröße, Augen- und Haarfarbe.

    MfG
    Der Schilderich

  • TBG

    Aber die Figuren unterscheiden sich ja nicht von allen anderen, außer in dem einen Merkmal. Einen Menschen mit dunklerer Hautfarbe würde man genauso schreiben wie einen mit hellerer, eine homosexuelle Figur genauso wie eine heterosexuelle. Ich bin also der Ansicht, dass Merkmale wie die Hautfarbe, das Geschlecht oder die sexuelle Ausrichtung keine narrative Funktion erfüllen müssen.


    Wenn dem Autor die Figuren misslingen, dann würden sie es sicher auch, wenn sie keiner marginalisierten Gruppe angehören.




    Ich bin bei meinen Ausführungen davon ausgegangen, dass wir von storyrelevanten Personen sprechen, also Spielfiguren, Gruppenmitgliedern oder wichtigen NPCs. Und die haben (oder sollten) immer eine narrative Funktion. Damit meine ich, weil narrative Funktion vielleicht eine unscharfe Formulierung ist. dass sie einen Beitrag zur Gesamtgeschichte leisten oder mit einer eigenen Geschichte bzw. einem Hintergrund charakterisiert werden und nicht "einfach da sind". Das ist aber völlig unabhängig davon, ob die Person einer unterrepräsentierten Gruppen angehört. Und insofern stimmt es natürlich, dass dem gleichen Autor wahrscheinlich auch andere Figuren misslingen würden.


    Ich wollte auf etwas anderes hinaus. Du hast natürlich völlig recht, dass das "entscheidende Merkmal" an sich gar nicht thematisiert werden muss. Einem dunkelhäutigen Charakter sehe ich es, jetzt mal ganz salopp formuliert, auch einfach wenn, wenn er oder sie dunkelhäutig ist. Die Hautfarbe muss daher keine narrative Funktion haben und nicht einmal angesprochen werden, genausowenig wie beim Geschlecht oder der sexuellen Orientierung. Bloß WENN sich das Spiel dazu entscheidet, das "entscheidende Merkmal" in den Mittelpunkt der Charakterzeichnung zu stellen (wie bei meinem Beispiel im langen Posting geschehen), dann erwarte ich, dass dieses Merkmal, diese Figuren, auch angemessen dargestellt werden.


    Ich fand es super, was DerSchilderich über mir geschrieben hat. Bspw. muss sich in meinen Augen die persönliche Story einer Spielfigur, die homosexuell ist, nicht zwangsweise um Liebe und Romantik drehen. Das ist bei den meisten heterosexuellen Figuren ja auch nicht so. Der Werdegang einer blinden Person muss nicht darin bestehen, in anderen Sinnen übernatürliche Kräfte entwickeln und der einer dunkelhäutigen Person nicht ausschließlich darin, sich an den bösen, diskriminierenden Feinden zu rächen. Das sind in meinen Augen, auch wenn sie mit guter Intention geschrieben werden, eben nur neue Stereotypen und oftmals einfallslose Figuren. Das meinte ich, wenn ich oben davon schrieb, dass die Autoren eine "narrative Motivation" brauchen. Ich erwarte, dass man sich Gedanken macht, warum Person X in der Gruppe ist und mir mehr als ein Abziehbild präsentiert.

  • Ich hatte hier grad einen längerne Beitrag geschrieben und nach dem Absenden war er bei mir im Browser plötzlich zweimal zu sehen.

    Dann habe ich einen der Beiträge gelöscht und nun sind beide weg :(


    Kann das ein Moderator wiederherstellen? Das alles nochmal zu schreiben wäre jetzt recht doof.

  • ist wiederhergestellt!

  • Klar, man kann Diversität in Makerspielen bringen. Unterrepräsentierte Gruppen auch. Wie man das angeht? Dazu haben die Vorposter hier schon einiges geschrieben, was man so stehen lassen kann. Über die Darstellung wurde damit einiges gesagt, jedoch noch nicht darüber, wie man solche Figuren spielerisch gut integriert. Nehmen wir ein Beispiel: Unser Hauptheld ist entweder blind oder querschnittsgelähmt. Mit diesen Einschränkungen muss ich als Entwickler jetzt also umgehen und das irgendwie so ausarbeiten, damit meine Spieler das Spiel auch gerne spielen. Ich muss mich dann also fragen: Will ich die Einschränkung der Figur gezielt in den Vordergrund stellen (realistische Darstellung, problematisierend) oder ihr Fähigkeiten geben, die total unrealistisch sind, dafür aber Spaß machen (fiktionale Darstellung).


    TBG schreibt zwar...

    Der Werdegang einer blinden Person muss nicht darin bestehen, in anderen Sinnen übernatürliche Kräfte entwickeln [...]

    ... womit er auch Recht hat. Auf's Gameplay bezogen muss man sich aber fragen, was für ein Spiel man machen will. Eher wenig interaktiv z.B. Visual Novel. Geht mit dem Maker auch. Dann passt das mit der realistischen Darstellung. In einem wirklich interaktiven Spiel stell ich mir das schwierig vor. Realistisch wäre, dass die Figur (wenn blind) nix sieht, d.h. der Bildschirm ist schwarz und ich taste mich irgendwie vorwärts. Anderer Fall: Eine Figur im Rollstuhl rollt durch das Dorf, um beim Dorfältesten neue Aufträge zu bekommen. Der wohnt allerdings in einem Haus mit Treppe. Da muss ich mir als Entwickler was einfallen lassen.


    Wir wollen jetzt aber ein Makerspiel, also ein RPG. Jetzt könnte man das Ganze fiktional darstellen. Unsere Figur ist blind, aber über die D-Taste (oder andere) aktiviere ich Echlot und Umrisse der Umgebung werden für eine halbe Sekunde sichtbar. Da man nur die Umrisse erkennt, ist der Rest der Fantasie überlassen. So kann ich mir als Spieler langsam ein Bild von der Umgebung machen. Arbeiten mit Sound-Effekten könnte ich mir auch vorstellen. Man muss genau hinhören, wie der Sound links/rechts verteilt ist (spielen mit Kopfhörern), um zu erfassen, aus welcher Richtung ein Gegner kommt. Eine Figur im Rollstuhl könnte ihr Fahrzeug z.B. mit magischen Kristallen aufrüsten, sodass sie damit fliegen kann. Treppen wären dann kein Problem mehr. Der Spieler muss den Rollstuhl allerdings erst upgraden. Für jede spielerische Situation braucht der Rollstuhl ein bestimmtes Setup, damit man ein Hindernis überwinden kann. Da könnte man ein nettes Puzzle draus machen.


    Nur so ein paar Ideen, die mir jetzt während dem Schreiben kamen. Da geht sicherlich noch mehr. Je nach Einschränkung der Figur, und wie man damit umgeht, ergeben sich da neue Möglichkeiten, auf die man vielleicht sonst gar nicht gekommen wäre.

  • Ich denke, alle Eigenschaften sind Grundlagen des Charakters. Man benimmt sich anders wenn man bestimmte Eiegnschaften hat, sind es sexuelle Neigungen, Traumata, oder auch "einfache" Persönlichkeitseigenschaften, wie besonders "Verkopft" zu sein, oder im Gegenteil eher mehr zu handeln und weniger zu denken. All das macht eine Person aus. Der Entwickler sollte es sich vorher überlegen und die Person so dreidimensional wie möglich vor dem inneren Auge erschaffen, denn auch wenn viele Eigenschaften nicht thematisiert werden, haben sie Einfluss auf die Persönlichkeit, auf die Entscheidungen und Handlungen.

    Ein großes Problem sehe ich in Steckbrief-Figuren. Also Personen denen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden, ohne Ausnahme. Aber auch jemand der es liebt zu baden, hat darauf mal keine Lust geht Duschen und auch der beste und Leidenschaftlichste Krieger der Welt, hat mal Lust einen ganzen Tag im Haus zu verbringen.


    Was Diversität im Aussehen betrifft ist das Mangel daran meist nicht bewusst. Man erstellt was man kennt und was man schön findet (außer man erstellt mit Absicht etwas Hässliches), wenn man nicht bewusst darüber nachdenkt, passiert es leicht das man viele weiße Figuren im Spiel hat, auch an Hafenstädten, obwohl Fischer generell viel Zeit in der Sonne verbringen und allein deshalb schon einen dunkleren Hautton hätten.


    Vielleicht sollte man sich nur immer mal wieder vor Augen halten, das die Diversität nicht untergehen sollte^^ Dass wenn man von sich weiß, das man nach langem Mappen nur immer gleiche Figuren in die Städte setzt, sich daran erinnert, diese später wenn der Tunnelblick nachlässt noch mal zu überarbeiten. Generell wirken alle Spiele lebensechter, wenn sie auch die Realität wiederspiegeln und nicht nur die von Natur aus eingeschränkte Umwelt des Entwicklers.

  • DerSchilderich

    DerSchilderich schrieb:

    Deshalb ist es auch schwierig, bei Fantasy-Tropes auf etwas zu beziehen, das wirklich eine historische Authentizität wiedergibt, weil die ganze Auslegung dessen schon durch recht einfach gestrickte Filter gelaufen ist.

    Und dann spielen viele Spiele ja sogar in eigens erschaffenen Phantasiewelten, die sich weder an unserer Geschichte noch an anderen Fantasy-Welten orientieren müssten.


    DerSchilderich schrieb:

    Natürlich beeinflussen Dinge wie Hautfarbe und Sexualität das Verhalten einer Person. Es hängt halt auch von der Welt ab, in der alles stattfindet und in welcher Relation diese Eigenschaften dort stehen. Es sollte sich idealerweise aber eben nicht nur auf diese Eigenschaften beschränken, sondern eher als Gerüst für weitere Interaktionen dienen. Denn natürlich wird ein schwuler Mann im Umgang mit anderen Männern anders empfinden als jemand der hetero ist.

    Der schwule Mann liebt die Männer aber nicht anders als ein heterosexueller Mann Frauen. So sehr sich die Gefühle einzelner Menschen auch unterscheiden, sind sich Liebesgefühle (und auch ihre Darstellung in Geschichten) in ihrer Gesamtheit ziemlich ähnlich - entgegen dem, was Kritiker diverser Charaktere behaupten, denn nach denen sollen homosexuelle Menschen ganz anders sein als heterosexuelle, weswegen sie - ich übertreibe jetzt - eigentlich niemand schreiben könne (und solle). Ich weiß, worauf du hinaus willst, aber mir geht es letztendlich nur darum, dass die Hautfarbe oder die Sexualität keine Rollen, keine Schablonen vorschreiben - auch das wird ja von den Diversitätskritikern gerne mal behauptet.


    Du hast recht, dass ein Entwickler, der zum Beispiel Rassismus und dessen Ursachen und Auswirkungen thematisieren möchte und diese Erfahrungen selbst nie gemacht hat, um eine ausführliche Recherche nicht herumkommt. Aber es ist natürlich nicht notwendig, das Thema anzusprechen. Jemand, der einfach nur anstelle einer weißen Hauptfigur eine schwarze nehmen möchte, braucht dafür kein großes Hintergrundwissen.


    TBG

    TBG schrieb:

    Bloß WENN sich das Spiel dazu entscheidet, das "entscheidende Merkmal" in den Mittelpunkt der Charakterzeichnung zu stellen (wie bei meinem Beispiel im langen Posting geschehen), dann erwarte ich, dass dieses Merkmal, diese Figuren, auch angemessen dargestellt werden.

    Das seh ich auch so. Man könnte höchstens darüber streiten, welche Darstellung angemessen ist und welche nicht.

  • Spannendes Thema!

    Ich finde Diversität sehr gut!

    Ich fand es echt klasse, dass zB in Dragon Age Inquisition ein sehr diverser Cast an Helden vorhanden war.

    In meinem Lieblings-MMO Guild Wars 2 kommen auch einige LGBT Charaktere vor und sogar ein Transgender (zweiteres ist nur ein Nebencharakter, die Tatsache dass sie aber existiert, gefällt mir sehr)


    Auch in meinem Projekt wird es Diversität geben und diese auch in der Story behandelt - damit ist nicht nur die Hautfarbe der Suntouched gemeint. ;)


    LG Nemo

    "How should a monster ever change when nobody cares for it?" - Nemo, The Sunstone Chronicle

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  • In meinem Spiel wird das Thema Homosexualität, und auch Rassenfeindlichkeit (bspw. gegen Elfen) durchaus Thema sein. Es wird in die Welt integriert, und ich werde versuchen auch ein Stück weit Gesellschaftskritik damit anzusetzen.

  • Wir haben zwar schon ein wenig darüber gesprochen, aber ich möchte trotzdem nochmal fragen: Wie sieht gelungene Repräsentation aus? Wie müssen die Figuren dargestellt werden bzw. welche Rolle müssen sie spielen, damit sie dich repräsentieren?


    Ein Statist hat natürlich keinen großen "Impact". Er kann zwar schon positiv aufgenommen werden, aber alleine wegen ihm ist ein Spiel sicher keine Empfehlung wert und eine Figur, die nur der Charakterbeschreibung nach einer bestimmten Gruppe angehört, im Spiel wird dazu praktisch nichts gesagt, ist doch auch irgendwie halbgar. Die Figur sollte also schon eine größere Rolle spielen. Es muss nicht unbedingt eine spielbare Figur sein, aber sie sollte schon so viel screen time haben, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlässt.


    Außerdem sollte das Merkmal, um das es geht, zur Geltung kommen. Bei sichtbaren Merkmalen ist der Fall klar, aber es gibt unzählige Merkmale, die man der Figur nicht ansieht, zum Beispiel die sexuelle Ausrichtung. Und da frag ich mich schon, ob es den Spielern reicht, wenn sie mal erwähnt wird bzw. wenn sie im Subtext auftaucht oder muss sie doch eine größere Rolle spielen und dann käme mir eine Liebesgeschichte als erstes in den Sinn.


    Knifflig wird es - also zumindest seh ich das so - wenn das Merkmal weder sichtbar ist noch durch den Umgang mit anderen Menschen ersichtlich wird. Ich wüsste zum Beispiel nicht, wie man trans Figuren sichtbar machen könnte, außer dass man direkt anspricht, dass sie trans sind. Und dann würde sich wieder die Frage stellen, ob es denn ausreicht, es nur zu erwähnen.