Was denkt ihr über Diversität in Makerspielen?

  • Hotzenplotz  
    Ich wollte Dich jetzt auch in der vorherigen Nachricht nicht übergehen, versuche mich hier jedoch eher knapp zu halten - gerade da ich gesehen habe, dass ich mich hier bereits zuvor kritisch äußerte und im Alltag andere Prioritäten als endlose Internet-Diskussionen habe (weswegen ich aktuell auch den #big-talk auf dem Discord-Channel nicht mehr stark beachte).

    Das Zitat und die voraus gegangene Nachricht habe ich jetzt nochmals gelesen und für mich bleibt der Sachverhalt immer noch derselbe. Es ging allgemein um Diversität (welche sich auf alles mögliche beziehen kann) - gerade bei Handlungen, welche sich auf eine Region beschränken. Dann wurden als Antwort sehr konkrete Beispiele erbracht (welche sich unter anderem nur auf Schwarze und Sexualität/Identität bezogen - andere äußerliche Grundcharakteristiken wurden jetzt nicht aufgegriffen) und die Art wie dies geschah hatte ich entsprechend angesprochen. Dazu habe ich aber auch nichts mehr zu sagen und gehe nachfolgend eher auf andere Inhalte Deiner Nachricht ein.

    Ich denke beim Rassismus (was das Thema ja jetzt leicht verändert) gibt es generell so einige Probleme. Menschen denken in Schubladen, um sich in erster Linie zu orientieren - auch bei ganz "harmlosen" Dingen. Wenn genügend Offenheit gegeben und weiterhin möglich ist (beispielsweise wenn mehrmals vermeintliche Bestärkungen des Vorurteils erlebte), dann können sich diese Schubladen etwas öffnen. Dennoch ist es in vielen Kulturen so, dass man doch am liebsten "unter sich" bleibt, da man eine größere Verbundenheit verspürt. "Das Unbekannte" und "Außenstehende" werden dann oft (nicht immer) erst mal mit viel Skepsis betrachtet und im Idealfall bleibt es dann - ohne dass ein intensiver Austausch gegeben wäre - wenigstens bei einer gewissen Toleranz.
    Für mich persönlich steht stets das Verhalten von Menschen im Mittelpunkt - ich gehe da mehr nach Taten, anstelle von Worten. Denn sagen und "rechtfertigen" kann man immer viel - gerade wenn man meint seinen Charme einsetzen zu können oder rhetorisch fit zu sein. Und mir ist es vollkommen egal welchen Hintergrund ein Mensch hat, wenn er andere schlecht behandelt.
    Beispielsweise ein Mobbingopfer welches später damit beginnt, andere als Mobber zu quälen, hat sich selbst in etwas Destruktives verwandelt und trägt nun dieselbe Verantwortung für sein Opfer, wie die Person welche sie zuvor so behandelte.

    Rassismus wird leider gerne auf die verschiedensten Weisen als "Waffe" verwendet - sei es eben als Vorwurf/Unterstellung oder um Selbstverantwortung (sowohl auf Seiten von "Opfern", wie auch "Tätern") abzustreifen.
    Deswegen halte ich für mich dieses Thema auch recht klein - eben da ich im Einzelfall nach Ursache -> Wirkung in der Gegenwart schaue und mich nicht in irgendwelchen abstrakten Geschehnissen einer Vergangenheit verliere, welche ich nicht selbst bezeugen kann und welche eine unsachliche "Meta-Ebene" einfügt. Deswegen finde ich es beispielsweise auch falsch, wenn ganze Generationen der Gegenwart (unverschuldet) für die historischen Gräueltaten ihrer Vorfahren in Sippenhaft genommen werden - denn dieser gab es im Laufe der Jahrhunderte so einige und sicherlich noch mehr, welche nirgends festgehalten sind. Alleine in den letzten Jahrhunderten ist echt eine Menge passiert. Am Ende sind wir alle Menschen und für unser gegenwärtiges Tun selbst verantwortlich.

    Was nochmal das Thema "Integration erweiterter Diversität" betrifft (so nenne ich es mal, da für mich vieles selbstverständlich ist und keines Holzhammers (wie die Zuordnung der Sexualität jedes Charakters "in your face") bedarf), so finde ich es legitim, wenn man in seiner Lebenswelt keinen großen Bezug zu bestimmten Eigenschaften hat und deswegen diese auch nicht in seine Werke aufnimmt. Das ist für mich eine völlig neutrale Handlung und verdient weder Kritik, noch Lob - außer Inhalte überschreiten gewisse Grenzen bzw. der Schaffende hat ein tolles Werk abgeliefert.

  • @ChimaereJade

    Die Furcht und Skepsis vor dem Unbekannten ist etwas ganz Natürliches (und zumindest für unsere Vorfahren war sie wohl auch etwas Nützliches). Ich würde daher nie auf die Idee kommen, Vorurteile mit der bewussten Herabsetzung von Menschen gleichzusetzen.


    Ich hab den Rassismus stellvertretend für jede Form der xyz-Feindlichkeit genommen. Obwohl man, wie bei vielen Themen, wertneutral über Diversität diskutieren könnte, kommt es sehr schnell zu den angesprochenen Konflikten. Und die Ursache dafür sind wie gesagt 1. Leute, die wirklich xyz-feindlich sind und bestimmte Figuren deswegen ablehnen und 2. Leute, die anderen zu Unrecht vorwerfen, xyz-feindlich zu sein. Ich wollte nun darauf hinaus, dass die Erfahrungen aus den Diskussionen (und eigentlich lässt sich das auf so gut wie jedes kontroverse Thema übertragen) dazu führen, dass irgendwann schon der bloße Verdacht ausreicht, um so zu reagieren, als ob er zuträfe.


    Zitat
    Für mich persönlich steht stets das Verhalten von Menschen im Mittelpunkt - ich gehe da mehr nach Taten, anstelle von Worten. Denn sagen und "rechtfertigen" kann man immer viel - gerade wenn man meint seinen Charme einsetzen zu können oder rhetorisch fit zu sein. Und mir ist es vollkommen egal welchen Hintergrund ein Mensch hat, wenn er andere schlecht behandelt.

    Das sehe ich auch so. Gleiches mit Gleichem zu vergelten macht eine Situation nie besser. Für mich macht es einen großen Unterschied, ob eine Ansicht oder ein Verhalten kritisiert wird oder ob ein Mensch angegriffen wird.


    Zitat
    so finde ich es legitim, wenn man in seiner Lebenswelt keinen großen Bezug zu bestimmten Eigenschaften hat und deswegen diese auch nicht in seine Werke aufnimmt. Das ist für mich eine völlig neutrale Handlung und verdient weder Kritik, noch Lob - außer Inhalte überschreiten gewisse Grenzen bzw. der Schaffende hat ein tolles Werk abgeliefert.

    Auch da stimme ich dir zu. Ich bin der Ansicht, dass Normativität - egal bei welchem Merkmal - sich automatisch schon aus den Mehrheitsverhältnissen ergibt und deswegen nicht zwangsläufig auf eine negative Einstellung zurückgeführt werden kann. Niemand muss sich dafür entschuldigen, dass er kein Interesse an bestimmten Personengruppen hat. Es gibt sicher Sonderfälle (wie gesagt, eine Welt, in der alle Menschen eine helle Hautfarbe haben, mutet seltsam an), aber ganz grundsätzlich sollte man es dem Entwickler selbst überlassen, was er in sein Spiel einbaut.


    Mal ganz neugierig gefragt: Worum geht es denn beim #big-talk?

  • Hey hier geht's ja krass ab. Um kurz die Recht Spannende Diskussion etwas abzukühlen.


    Ich habe in meinem Game einen jungen schwarzen Mann, er ist ein Ingenieur und ein Virtuose auf seinem Gebiet. Doch leider ist er auch schrecklich Faul und tut nur die Dinge worauf er Lust hat. Meint ihr es wäre Kontrovers wegen der Hautfarbe, das sich die Leute dran stören, das der mit der dunklen Hautfarbe der chillige faule Dude ist?


    Bei mir haben alle Charaktere große Schwächen die im Spiel auch stark betont und behandelt werden. ich habe mir jetzt um die Hautfarbe keine Gedanken gemacht...

  • Ich habe in meinem Game einen jungen schwarzen Mann, er ist ein Ingenieur und ein Virtuose auf seinem Gebiet. Doch leider ist er auch schrecklich Faul und tut nur die Dinge worauf er Lust hat. Meint ihr es wäre Kontrovers wegen der Hautfarbe, das sich die Leute dran stören, das der mit der dunklen Hautfarbe der chillige faule Dude ist?

    Leute stören sich immer an irgendwas, also ja, wahrscheinlich würde sich irgendjemand daran stören. Um bestimmte Leute zu offenden, brauchst du im Extremfall noch nichtmal eine "reale" Kontroverse. ^^ Ich würde mich durch die Diskussion hier deshalb nicht verunsichern lassen. Charaktereigenschaften sind ja völlig unabhängig von der Hautfarbe, Herkunft, usw.

  • Ich habe in meinem Game einen jungen schwarzen Mann, er ist ein Ingenieur und ein Virtuose auf seinem Gebiet. Doch leider ist er auch schrecklich Faul und tut nur die Dinge worauf er Lust hat. Meint ihr es wäre Kontrovers wegen der Hautfarbe, das sich die Leute dran stören, das der mit der dunklen Hautfarbe der chillige faule Dude ist?


    Bei mir haben alle Charaktere große Schwächen die im Spiel auch stark betont und behandelt werden. ich habe mir jetzt um die Hautfarbe keine Gedanken gemacht...

    Ich würde sagen (das sind jetzt nur meine Erfahrungen aus zweiter und dritter Hand wohlgemerkt), dass es auch darauf ankommt, wie du diese "Faulheit" darstellst. Viele negative Stereotypen bauen in diesem Kontext ja gerne darauf auf, dass die Person ein sogenannter "Sozialschmarotzer" und ausschließlich kriminell ist, etc. Nach deiner Beschreibung rutschst du da aber schon mal gar nicht rein.
    Worauf du generell aber achten solltest: Schaffe ruhig - nach Möglichkeit - eine Balance in der Repräsentation. Bei deinem Fall wären also auch Schwarze Menschen interessant, die eben nicht so gut befähigt sind oder gar völlig unsympathisch (weil z.B. auf der Antagonisten-Seite) sind. So umgeht am ehesten das Tolkien'sche Dilemma, dass z.B. alle Mitglieder eines Volkes (oder mit bestimmten Eigenschaften) ausschließlich im Dienste des Bösen stehen.

    Zwar wird es immer bad faith Akteure geben, die dir alles mögliche negativ auslegen, aber es schadet tatsächlich nicht, sich Gedanken dazu zu machen und ggf. eine etwas andere Darstellung zu wählen. Die Leute, die darauf wert legen, werden die Mühe auf jeden Fall wertschätzen und man selbst kann sich damit auch noch verbessern.


    MfG DerSchilderich
    Team FervorCraft

  • Hey hier geht's ja krass ab. Um kurz die Recht Spannende Diskussion etwas abzukühlen.


    Ich habe in meinem Game einen jungen schwarzen Mann, er ist ein Ingenieur und ein Virtuose auf seinem Gebiet. Doch leider ist er auch schrecklich Faul und tut nur die Dinge worauf er Lust hat. Meint ihr es wäre Kontrovers wegen der Hautfarbe, das sich die Leute dran stören, das der mit der dunklen Hautfarbe der chillige faule Dude ist?


    Bei mir haben alle Charaktere große Schwächen die im Spiel auch stark betont und behandelt werden. ich habe mir jetzt um die Hautfarbe keine Gedanken gemacht...

    Im Grunde hast du alles richtig gemacht. Du hast den Charakter gemacht wie du es wolltest und das ist erstmal das wichtigste. Ob das jemand kontrovers findet, kann dir hier auch niemand beantworten und sollte auch eher nebensächlich sein. Es wird genug Menschen geben, die den Charakter mögen, so wie wie du ihn geschrieben hast.

  • Hotzenplotz  
    Was das Herabsetzen und Vorurteile betrifft, so denke ich dass da durchaus in einigen Fällen Anknüpfpunkte geben kann.
    Wenn man beispielsweise unter starken Vorurteilen gegenüber anderen Menschen aufgewachsen ist und so erzogen wurde, dann ist es häufig (aber nicht immer) so, dass dieses Bild (weil ja die Familie/Freunde es vorgelebt haben) eine gewisse Verfestigung erwirkt. Und wenn man dann glaubt zu wissen, wie "diese" Menschen sind, dann ist die Herabsetzung nicht mehr fern - gerade wenn man keine gefestigte Person mit eigenen Überzeugungen ist und die Gruppendynamik (negativ) dazu kommt.
    Die Verrohung der Gesellschaft mit mangelndem Respekt vor anderen (wie auch der Polizei), mediale Echo-Kammern und "starken Meinungen", sowie eben auch Gewalt/Verdrängung aus öffentlichen Räumen sind da in meinen Augen ein paar Beispiele dafür was passiert, wenn sich Bilder in den Köpfen zu sehr verfestigen und teilweise im Extrem gedacht wird: "Wenn Du nicht für mich bist, bist Du gegen mich" bzw. wenn "falsche" Toleranz gelebt wird -> in diesem Fall bezogen auf beispielsweise Clan-Kriminalität & die Drogenszene in einigen deutschen Großstädten, wo gewisse Gebiete spätestens bei Einbruch der Nacht als "No-Go-Area" berüchtigt sind.

    Rassismus ist für mich aber auch eher nur ein Deckmantel der beschriebenen Verhaltensweisen als "Waffe", wie im voraus gegangenen Beitrag beschrieben. Ebenso könnte man ihn beliebig gegen eine X-phobie oder sonst was austauschen. Die Wirkweise dahinter folgt meines Erachtens meist denselben/sehr ähnlichen Zielen.

    Der #big-talk ist einfach nur ein Channel des Discord-Servers, wo mal on-off verschiedene Themen mit politischen oder gesellschaftlichem Kontext mal ausführlicher, mal kürzer angeschnitten werden. :)

    Lyon  
    Ich denke, wenn man jedem Charakter ausgewogene Stärken & Schwächen gibt, wirken sie auf jeden Fall schon mal glaubwürdiger. Selbst wenn man vereinzelt Gefahr läuft in irgendwelche Klischees zu schlittern, denke ich dass die gegebenen Stärken dem Charakter trotzdem die Möglichkeit geben, den Leser/Spieler/etc. positiv auf sich aufmerksam zu machen - denn würde man sie nicht aufgreifen, wäre der Charakter für den Leser/Spieler/etc am Ende doch eher flach - unabhängig davon was man selbst an Hintergrundwissen zuvor erarbeitet hat. Denn am Ende haben wir alle Stärken & Schwächen - worauf dann der Fokus gelegt wird hängt von unserem Selbstbild und dem Fremdbild ab. Denn wirklich objektiv wird sowas wohl nie geschehen, auch wenn man stets versuchen kann dies als Ideal anzustreben.

    Aber ich gehe jetzt auch mal wieder hier raus - die Tage sind gut gefüllt mit anderen Inhalten. :S

  • @ChimaereJade

    Das ist ein interessanter Gedanke, den du eigentlich - auch wenn es zeitlich gerade nicht passt - ausführen solltest. Ich bin auch der Ansicht, dass hinter vielem ähnliche Triebfedern stecken: Selbstgefälligkeit und die Gier nach Macht (über das Denken anderer) fallen mir da sofort ein. Aber es ist fraglich, ob alle Vorwürfe sich auf diese Weise als rhetorische Waffe relativieren lassen.

  • Hotzenplotz  
    Natürlich ist das jetzt alles stark herunter gebrochen, aber ich sehe als Basis vieler Konflikte eher Menschen, welche in Ruhe ihr Leben leben möchten und Menschen, welche aus den verschiedensten Gründen heraus inneren Unfrieden verspüren und dies an ihren Mitmenschen auslassen. All die Phänomene, welche heutzutage wirklich die unterschiedlichsten Etiketten tragen, lassen sich meiner Meinung nach meistens auf diesen simplen Grundgedanken herunterbrechen.


    • Wenn jemand zu vielen Dingen beispielsweise eine neutrale Haltung oder Desinteresse hat, dann ist es sein Leben und seine Entscheidung, wie er dieses führen möchte, solange er niemand anderem in welcher Form auch immer (aktiv) schadet.
      (Denn wenn wir jetzt über passive Folgen unseres alltäglichen Handelns diskutieren würden, wäre die Unterhaltung ganz schnell auch bei Themen wie Lebensstandard auf Basis von Ausbeutung, Umweltzerstörung, Konsum- und Wegwerfgesellschaft, Reflexion, etc.)
    • Wenn jemand versucht andere in einer von vielen Weisen zu übervorteilen/unterdrücken (Manipulation, körperliche, emotionale oder psyschische Gewalt -> dann noch verschiedene Abwandlungen davon, wie soziale Ächtung in Medien (beispielsweise eben durch Unterstellungen mit Begriff X nur weil man nicht dieselben Prioritäten teilt oder auch mal Kritik äußert), dann gibt es hier in meinen Augen hart formuliert einen "Aggressor".
      (Dies sehe ich beispielsweise auch in unserer (internationalen) Politik, wo dann eben unter anderem Machterhalt, Zugewinn an Ressourcen, Populismus -> der Weg zur Macht oder andere Ziele gegeben sind.)

    Ich hatte ja schon das Beispiel mit dem Mobbing aufgeführt. Hier dürfte als Ursache oftmals wieder der innere Unfrieden und/oder eine psysische Störung gegeben sein, da es beispielsweise in der Kindheit schädliche Einflüsse gab und man nicht in der Lage ist, sich mit sich selbst angemessen auseinander zu setzen, sondern den "leichten Weg" geht, indem man sich an seiner "Macht" über andere labt, um dies kurzzeitig zu verdrängen. Dieser Grundmechanismus gilt für mich dann auch, wenn man beispielsweise einzelne Personengruppen für bestimmte Probleme die Hauptverantwortung gibt, sie schlecht behandelt und dies im Anschluss zu rechtfertigen versucht.
    (Ich brösle das jetzt nicht weiter auf, da man sonst wahrscheinlich stets über konkrete Einzelsituationen sprechen müsste, um angemessen beschreiben zu können, wie sich Situationen im Detail nochmal unterscheiden.)

    Persönlich würde ich empfehlen, dass man eine gewisse Balance beim eigenen Ego anstrebt, welche aber schwer zu erreichen ist - man braucht ja auch Ziele im Leben. Hier orientiere ich mich persönlich beispielsweise etwas am Buddhismus und allgemeiner im Hinblick auf Akzeptanz dem Daoismus. Aber wie jemand seine innere Balance findet, kann natürlich extrem unterschiedlich sein und ähnlich wie "Glück" ist sowas selten ein Dauerzustand, sondern Höhen und Tiefen gehören zum Leben dazu.

  • ChimaereJade

    Würdest du denn sagen, dass es falsch ist, selbst zum Aggressor zu werden, wenn ein anderer gegen die eigenen Moralvorstellungen verstößt oder einen daran hindert, in Frieden zu leben?


    An den beiden Grundgedanken ist schon etwas dran. Ich denke auch, dass es kaum einen Menschen auf der Welt gibt, der keinem Lebewesen (Menschen inklusive) mindestens indirekt schadet. Für so gut wie alles, was wir nutzen und konsumieren, wird irgendwo irgendjemand ausgebeutet (deswegen bin ich auch skeptisch, wie sinnvoll es ist, anderen Egoismus vorzuwerfen.) Aber es passiert genauso schnell, dass man anderen Menschen aktiv schadet. Dafür reichen ja Worte schon aus. Sollte man auf Aggressionen nicht reagieren, um nicht selbst zum Aggressor zu werden?


    Zu dem werden ja auch die Menschen, die eigentlich für die "gute Sache" kämpfen. Ich hab öfter das Gefühl, dass es nicht nur darum geht, ein Unrecht zu bekämpfen, sondern auch um Vergeltung an denen, die das Unrecht begangen haben. Ich sehe eine Selbstverliebtheit in die eigene moralische Überlegenheit. Und ich sehe wie gesagt eine Gier nach Macht. Nicht nur bei Politikern, sondern auch bei Gruppen und Personen, die sagen, sie hätten das Wohl ihrer Mitmenschen im Sinn. Aber wo zieht man die Grenze? Man sollte dem Kampf gegen ein Unrecht natürlich nicht grundsätzlich die Legitimität absprechen.


    Stichwort Mobbing: Ich denke auch, dass der innere Unfrieden, den du ansprichst, einer der Gründe sein kann - oder salopper gesagt: Menschen lassen ihren Frust gerne an anderen aus. Es ist manchmal schon erschreckend, was für einen Unsinn wir sagen und tun (mich eingeschlossen), wenn uns die Stresshormone durch den Körper schießen. Ich weiß nicht, ob der zweite Grund, den du ansprichst, wirklich eine psychische Störung ist. Ich sehe aber definitiv eine Korrelation zwischen fehlender Empathie und schlechtem Verhalten gegenüber den Mitmenschen. Je schlechter sich jemand gegenüber anderen verhält, desto weniger Mitgefühl hat er - stelle ich mal einfach so in den Raum. Und ich würde nicht ausschließen, dass so ein fehlendes Mitgefühl angeboren sein kann.


    Zitat

    Persönlich würde ich empfehlen, dass man eine gewisse Balance beim eigenen Ego anstrebt, welche aber schwer zu erreichen ist - man braucht ja auch Ziele im Leben.

    Die Frage ist, ob jemand, der diese Balance nicht hat, sie überhaupt erreichen kann, oder ob das nicht nur die Menschen können, die eigentlich schon ausgeglichen sind. Ich hab ja schon mal bei einem anderen Thema die Videos angesprochen, die einem Rat geben, wie man sich bei Diskussionen besonnen verhält und die Frage gestellt, ob solche Videos nicht gerade nur von denen angeschaut werden, die sie am wenigsten brauchen.


    Was hat das nun eigentlich mit dem Thema zu tun? Ich denke eine Menge.


    Es geht ja bei den Diskussionen über Diversität auch um die Frage, wie stark sich andere in den Schaffensprozess einmischen sollten. Es wird häufig kritisiert - wie auch in diesem Thema - dass die Diversität aufgesetzt sei. Andere kritisieren den negativen Einfluss bestimmter Ideologien, insbesondere auch in Hinblick auf die Zensur von Spielinhalten, Darstellungen und Dialogen. Wieder andere kritisieren die Ausblendung bestimmter Bevölkerungsgruppen und fragwürdige Inhalte. Die ganze Zeit findet ein großer Kampf statt und über allem schwebt die Frage: Wer ist eigentlich der Gute?

  • Ich würde sagen, dass Moral erst einmal an sich ein teilweise "schwieriges" Konzept ist - gerade wegen seiner subjektiven und als Gradmesser zu statischen Komponenten in durchaus unterschiedlichen Situationen.
    Die klassischen Fragen wie: "Würdest Du eine unbezahlbare Medizin stehlen, um einen Angehörigen zu retten?" zeigt bereits, wie schnell Moral aus verschiedenen Perspektiven betrachtet bereits schwer "messbar" und eben sehr subjektiv wird. Denn bei einer solchen Frage mögen schnell Antworten kommen, aber wer "kümmert" sich da noch um die Hintergründe?
    Warum muss es diese Medizin sein? Warum ist sie so teuer? Ist sie vielleicht sogar eigentlich für wen anderes bestimmt? Ist ihre Herstellung von extrem seltenen Rohstoffen abhängig? Ist die erkrankte Person eventuell selbstverschuldet in diese Situation geraten und "nimmt" einem anderen Menschen dadurch die Chance, ein Leben zu führen welches unverschuldet durch diese Krankheit belastet/beendet wird?

    Jeder hat seine eigenen Überzeugungen und bei sozial eingestellten Charakteren gibt es dadurch meist auch wenige Reibungen mit gravierenden Folgen, da man einen gewissen Konsens hat. Konzepte wie das Gesetz sorgen dann dafür, dass im Idealfall eben nicht "das Recht des Stärkeren" gilt - etwas was manche Anarchisten gerne mal ausblenden.
    Insofern ist "Selbstjustiz" etwas, wo man schnell Gefahr läuft durch Arroganz, Selbstgefälligkeit, Cholerik, verkürzter Denkweisen und Co jemand anderem mutwillig zu schaden und dabei auch ein gewisses Maß zu überdehnen - weil man ist ja "moralisch dazu berechtigt".

    Aber um Deine Frage konkret zu beantworten. Wenn jemand einen Spruch raushaut, welcher einfach nur meine Person gezielt angreifen soll, kann ich im Idealfall "cool" auf die scheinbare "Notwendigkeit" hinweisen und diese verbal in Frage stellen. Wenn mir jemand körperliche Gewalt antun möchte, kann ich diese abwehren. Das sind aber alles Reaktionen welche im Rahmen einer Notwehr (welche sich auf körperliche Angriffe beschränkt) kurz, zweckgebunden und dann auch beendet wirken. Nachtragend zu sein ist da in meinen Augen eher Gift für einen selbst. Ich fand da damals folgenden Spruch ganz passend:
    "Sich aufregen ist wie Gift trinken und sich wundern, warum der andere nicht umfällt."
    Natürlich rege ich mich manchmal auch auf - aber im Endeffekt geht es auch irgendwo um's eigene Energie-Management. Wenn man sich über alles und jeden aufregt, an jeder Diskussion teilnimmt und jedem seinen Stempel aufdrücken möchte, reibt man sich nur auf. Selbiges gilt auch wenn man ein Ideal zu seinem Lebensinhalt macht und dann versucht verbissen diese Botschaft in die Welt zu senden. Sobald man jedoch merkt, dass dies nicht wie gewünscht funktioniert, kann die Verbitterung schnell eintreten und man beraubt sich nur zusätzlich seiner Lebensqualität.
    Da ziehe ich es vor, mir aus allen Themen eine runde Gewichtung zusammen zu stellen (wie unter anderem aus den genannten "passiven Schäden" an anderen Lebewesen und Natur durch unsere Lebensweise) und lieber langsam und stetig voran zu kommen (selbstgewählte Verzichte oder Reduktionen), anstelle irgendwann frustriert zu stagnieren, da schnelle Erfolge beim (langfristigen) Umdenken anderer von 0 auf 100 äußerst unwahrscheinlich sind.

    Wenn man bewusst das Rauschen des Alltages mal für eine längere Zeit reduziert (Wochen, Monate, Jahre) und sich stark mit sich selbst auseinander setzt, dann kann man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit seine tatsächlichen Bedürfnisse (nicht was einem die Gesellschaft/Medienlandschaft glauben lässt) und das eigene Wesen klar erkennen.
    Und wenn der eigene "Leidensdruck" zur Veränderung groß genug ist und man eine gewisse Balance anstrebt, dann hat man auch eine Motivation an sich selbst zu arbeiten. Die Frage ist halt stets, möchte man das auch wirklich?
    Oder geht es nur darum, das eigene Gewissen zu erleichtern "Ich habe es ja versucht..." oder auch Verantwortung abzuwälzen "Ich konnte es nicht, weil X nicht passte und Y mir das Gegenteil sagte". Sicherlich gibt es da noch mehr potenzielle Gründe, aber diese scheinen mir die häufigsten zu sein.


    Die ganze Zeit findet ein großer Kampf statt und über allem schwebt die Frage: Wer ist eigentlich der Gute?

    Ich spiele immer wieder mal gerne "des Teufels Advokat". Insofern wäre meine Antwort (auf solche Diskussionen, aber auch den Menschen allgemein bezogen) drastisch - niemand.
    Es gibt nicht "den/die" Gute, sondern stets nur Verflechtungen verschiedener Motivationen - mal mehr, mal weniger aus Egoismus - hier beziehe ich mich auch nochmal auf den ersten Abschnitt zur subjektiven Moral.
    Und zu diesem Egoismus gehört für mich auch, wenn ich anderen helfe um am Ende des Tages zu wissen, dass ich "etwas Gutes" getan habe. Unser Gewissen/unsere moralische Einstellung (wenn vorhanden) drängt uns ja in eine bestimmte Lebensweise, wenn wir keine "Gewissenbissen"/Reue empfinden möchten, welche uns dann über kürzere oder auch längere Zeit begleitet und Lebensqualität rauben. Ich betrachte den Egoismus also wie Du nicht als etwas grundsätzlich Negatives, sondern in Facetten.

    Und da alleine schon unsere Existenz und ihr Fortbestand Ressourcen bindet (Nahrung, Wohnraum, Energie, Wasser, Kleidung, Fortbewegung, entstehender Müll, etc), kommt man nicht drum herum gewisse Schäden anzurichten. Man kann halt nur versuchen, diese auf vielen (alle ist unmöglich) Ebenen zu reduzieren.