Hallo!
Ich möchte euch gerne grundlegende Designkonzepte näherbringen, welche für absolut jedes Spiel von Relevanz sind und von denen Jeder Entwickler zumindest schon mal gehört haben sollte.
Den Anfang mache ich mit dem offensichtlichsten, denn es ist das was der Spieler sieht in eurem Spiel. Was er machen kann und wie er es machen kann.
Signifiers, Affordances, Restrictions und das allgemeine Wissen in der Welt.
Sollte ja klar sein was ich damit meine. Lest euch das einfach an. Okay das wars, bis zum nächsten mal!
Was? Nichts ist klar?
Na gut. Vielleicht erkläre ich euch doch ein wenig mehr.
Fangen wir vorne an.
Es geht um Designkonzepte die in erster Linie genutzt werden um ein besseres Verständnis für die Erstellung von auf Menschen zugeschnittene Produkte zu entwickeln. Sie dienen dem erkennen von Problemen und gutem Design. Richtig angewendet helfen sie dem Spieler sich an wichtige Dinge zu erinnern, weil er sich gar nicht erinnern muss. Das Wissen über bestimmte Funktionen wird somit im Spiel gehalten, sodass sich der Spieler nur einfache Assoziationen zu merken braucht. Will man jetzt einige Steine in den Weg legen, so muss man nichts weiter tun als mit den hier vorgestellten Normen zu brechen. Dabei ist immer Fingerspitzengefühl gefragt, denn sonst kann es sehr schnell in Frustration enden.
Natürlich sind sie in sich selbst kein Allheilmittel, aber sie helfen die Entwicklung des eigenen Spiels in die richtige Richtung zu lenken.
Denn nicht vergessen. Ein Spiel wird immer für Spieler aka Menschen gemacht!
Na gut. Ohne weitere Umschweife hier die wichtigsten Grundkonzepte die Ihr euch hinter die Löffel schreiben solltet.
1. Signifiers
Signifier können alles sein, was sich vom allgemeinen Hintergrund abhebt und Signifier zeigen etwas an. Klingt logisch oder? Aber was zeigen sie an?
Nun um es kurz zu machen, absolut Alles!
Ob du einen Gegenstand aufheben kannst, wo du entlang laufen kannst, ob du gegen etwas kämpfen kannst, mit welchem NPC man reden kann. Aber eben auch was man explizit nicht kann.
Jede Aktion die durchgeführt werden kann (oder eben nicht), muss dem Spieler klar gemacht werden.
Aber! Aber! Aber! Mag jetzt der ein oder andere rufen. Wenn der Spieler weiß das er mit NPCs reden kann muss ich das doch nicht bei jedem neu erklären. Stimmt. Im Standardfall besitzt der Spieler das wissen wie er sich bewegt und mit wem er reden kann. Und man sollte an dieser Stelle allgemein bekannte Regeln auch nicht über den Haufen werfen oder unnötig wiederholen. (mehr dazu ein anderes Mal)
Aber woher weiß man das alles?
Nur weil es im laufe des Spieles oder auch in anderen Spielen etabliert wurde. Ein Ding das Aussieht wie eine Person mit der man reden kann, weißt sich selbst als etwas aus mit dem geredet werden kann. Und was ähnlich wichtig ist, als etwas das nicht gegen einen kämpfen wird wenn man zu nahe kommt. Oder irgend eine anderen negativen Effekt besitzt.
Dabei ist es wichtig diese Signifier konstant zu verwenden.
Nichts ist schlimmer als ein Spiel das seine Signifier nicht im Griff hat. Wenn ich während des kompletten Spieles gelernt habe nicht in Abgründe zu springen, weil ich dadurch sterbe und es dann plötzlich notwendig wird in einen Abgrund zu springen um das Spiel fortzusetzen, dann kommt das einem Gamebreaker gleich.
Fast genauso schlimm ist eine Situation in der Signifier komplett fehlen.
Stellt euch vor es soll ein Buch innerhalb eines Anwesens gefunden werden. Dabei bekommt man keine Information wie dieses aussieht oder wo es sich befindet. Es könnte überall sein. Und dann besitzt es noch nicht mal eine eigene Grafik, sondern ist komplett unsichtbar. Gibt es jemanden der das komplette Gebäude absuchen würde, nach diesem Buch?
Und viel wichtiger: Macht das Spaß? Trägt das zum Spiel bei? Nein tut es ist. Und dieses Beispiel setzt sogar noch vor raus das man weiß, dass dieses Buch benötigt wird.
Wenn man dem Buch einen Signifier gibt, indem es tatsächlich auf der Karte befindet und/oder sich grafisch leicht abhebt (z.B. durch Sättigung oder aufleuchten) oder indem man es an einem auffälligen Ort platziert der zum interagieren einlädt, so steigert man das Interesse enorm.
Deutlich seltener und weniger spielstörend sind fehl platzierte Signifier. Denn auch Dinge die Aussehen als könnte man mit ihnen Interagieren, die aber keinerlei Mehrwert fürs Spiel besitzen können nerven.
Beispielsweise die Quelle tief im Wald welche leicht vom Licht umspielt wird und an der überall Schmetterlinge hin und her flattern ist schon mehr als auffällig. Gerade dann wenn einem irgendwer im Dorf neben dem Wald von einer geheimen Quelle erzählt. Und wenn man versucht mit der Quelle zu interagieren, sagen die Protagonisten sowas wie: "Hier gibt es nichts." oder "Die Quelle ist wirklich schön". Man erwartet jetzt, dass die Quelle mal zu was gut ist. Aber die Quelle macht absolut gar nichts. Sie ist da und sieht gut aus, das ist alles. Da fühlt man sich irgendwie unbefriedigt oder? Und nicht nur das. Es ist gut möglich das man wieder und wieder dorthin zurück kehrt, weil irgendwann könnte ja mal was passieren.
Dabei könnte das mit minimalem Aufwand umgehen, indem man den Spieler einfach etwas finden lässt, eine größere Cutszene abspielt oder sonst irgendwas passiert. Dabei muss der Mehrwert nicht zwangsweise mit der Auffälligkeit des Signifiers korrelieren. Immerhin ist das ein Spiel.
Und selbstverständlich kann man mit Konventionen auch brechen (schließlich geht es hier um ein Spiel und diese sollen eine Herausforderung darstellen), allerdings sollte das immer bewusst passieren und es sollte sehr Sparsam genutzt werden. Das gilt auch für die anderen 2 Probleme die mit Signifiern auftreten können.
Hier nochmal ein kleines Beispiel an einer 08/15 Map was alles ein Signifier sein kann.
1. Die Truhe am oberen Kartenrand
2. Die Leiter welche an der Klippe steht
3. Die Straßensperre am Südlichen Kartenrand
4. Die Wache neben der Straßensperre
5. Das Haus in der Mitte der Karte
6. Die Eingangstür des Hauses
7. Die Holztruhe am rechten Kartenrand
8. Der Mann über der Truhe
9. Die Sprechblase über dem Mann
10. Die Holzbrücke
11. Der Gepflasterte Weg
12. Der Wald, das Wasser, die Klippe (Ja auch die gehören dazu)
Wie bereits beschrieben kann man alle Auffälligkeiten auf einer Map als Signifier erfassen. Und es gibt noch einige mehr die ich nicht aufgelistet habe. Wichtig ist an dieser Stelle auch noch, dass auch hervorgehobene Bereiche als Signifier gelten, da sie besondere Eigenschaften haben können. So kann man in einem See angeln oder ihn in einem Boot überqueren und an Bäumen kann man Kopfnuss benutzen damit ein Pokemon raus fällt.
Kurz gesagt, Signifier helfen dem Spieler die Dinge zu finden von denen Ihr wollt das er sie findet. Dabei ist es von oberster Priorität, das jedes relevante Objekt in irgendeiner Form einen Signifier besitzt, da es ansonsten praktisch unmöglich ist dieses zu finden. Kleine Signifier sind absolut valide, sollten aber bewusst gewählt werden.
2. Affordances
Affordances sind die Möglichkeiten die ein Spieler in einer gegebenen Situation besitzt. Affordances sind dabei von den Signifiern abhängig. Denn nur wenn der Spieler weiß das er mit etwas interagieren kann, kann er auch damit in Interaktion treten. Dabei besitzen unterschiedliche Objekte unterschiedliche Affordances und diese müssen klar gemacht werden.
Es hat keinen Mehrwert die Option einzubauen NPCs zu beklauen wenn man hinter ihnen steht, wenn es innerhalb des Spieles zu keinem Zeitpunkt klar gemacht wird, das diese Option existiert.
Ebenso muss klar gemacht werden wenn dem Spieler eine Option nicht zur Verfügung steht. Das sind dann eben Restrictions.
Dabei besitzen bestimmte Signifier meist bestimmte Affordances.
Einen Schalter kann man drücken. Durch eine Tür kann man ins Haus gehen. In einem Inn kann man schlafen und bei einem Typen mit Text oder "!" überm Kopf bekommt eine Quest oder zumindest was interessantes zu hören. Hier ist es besonders wichtig nicht zu sehr mit Genre Klischees zu brechen. der Spieler erwartet einfach das man bei einem Typen hinter einem Tresen etwas interessantes bekommt. Davon abgesehen sind die meisten Affordances ob gewollt oder ungewollt eher offensichtlich. Aber das ist das trügerische. Oft genug sieht eine Wand aus Bäumen in einem Spiel so aus als könnte man durch sie hindurch gehen auch wenn es nicht geht.
Oder eine Holztür sieht aus als könnte man sie einschlagen, obwohl sie nur existiert, damit die komplette Fläche nicht aus Wand besteht.
Und das gilt bei weitem nicht nur für Maker Spiele. Ich wette jeder von euch hatte schon mal das Gefühl dass ein Spiel einen mit unsichtbaren Wänden an der Nase herum führt.
Andererseits muss man sich im klaren sein das nicht etablierte Funktionen gut erklärt sind, denn niemand kann Hellsehen. Also ich zumindest nicht und niemand den ich kenne hat bisher zugegeben es zu können.
Wie man das am besten bewerkstelligt erkläre ich aber beim nächsten mal.
Kurz gesagt. Affordances sind die Möglichkeiten die der Spieler besitzt mit eurem Spiel in Interaktion zu treten. Sie müssen mit konstanten Signifiern versehen sein, welche vorher Etabliert wurden. Weiterhin besteht immer die Möglichkeit das der Spieler eine Situation mit Affordances befüllt die gar nicht existieren, weil das Spiel dies unbeabsichtigter Weise suggeriert.
3. Restrictions
Restrictions sind so ungefähr das Gegenteil von Affordances, dann aber doch nicht. Sie sind all die Dinge die ein Spieler explizit nicht kann und entstehen meistens aus der Struktur des Spieles heraus.
Man kann nicht über Wände gehen, nicht Dörfler verprügeln oder sich diagonal bewegen.
Wer jetzt glaubt man müsse sich darum keine Gedanken machen, denn der Spieler wird das schon merken wenn es etwas nicht geht, der hat weit gefehlt.
Hier ein kleines Beispiel.
Auf der gezeigten Karte befinden sich die Mapübergänge immer noch ausschließlich auf den Tiles mit dem gepflasterten Weg. Sprich, wenn jemand versucht am Südwestlichen Kartenrand die Map zu wechseln, so wird er vermutlich mehrfach gegen den Kartenrand rennen bis er den Ausgang findet. Bedeutet das, dass Spielinhalte verloren gehen oder das Spiel nicht beendet werden kann? Nein.
Aber ihr könnt drauf wetten, das der Spieler frustriert ist wenn er zum hundersten Mal gegen eine Wand rennt, weil er den Mapausgang nicht findet.
Wie oft bin ich schon in Cutszenes rein gerannt und habe es erst nach einigen Sekunden gemerkt weil ich mich gewundert habe warum mein Charakter nicht mehr nach links laufen will. Dafür benutzt man z.B. gerne diese schwarzen Ränder um dem Spieler das anzuzeigen.
Selbstverständlich muss man dann am Ende auch zeigen wenn die Cutszene vorüber ist. Je nach Blickweise könnte man das wieder als Affordance klassifizieren.
Oder wie ist es mit unbesiegbaren Gegnern oder Rätseln die nur mit einem bestimmten Item bezwungen werden können. Ich hatte schon viel zu oft die Situation das ich nach 15 Minuten Frustration festgestellt habe, das ich gar nicht gewinnen kann. Macht das Spaß? Ist das Kontent in eurem Spiel?
Lasst mich an dieser Stelle eine sehr bekannte Person zitieren: Zitat
Solche Dinge machen das Spiel nicht kaputt, aber sie machen es schlechter. Und das frustrierendste dabei ist, dass diese Probleme mit minimalem Aufwand verhindert werden können.
Andersherum kann es natürlich auch passieren das man Signifier für nicht existierende Restrictions platziert. Klingt komisch oder? Aber stellt euch vor Ihr habt ein Open-World-Spiel vor euch. Überall wo ihr hinkommt werdet ihr als Helden gefeiert und kämpft gegen Monster, Dämonen ect.
Jetzt trefft ihr auf ein paar NPCs die euch erzählen wie gefährlich der Vulkan ist und das ihr dort nur gut vorbereitet hingehen solltet. Entsprechend werdet ihr den Vulkan erstmal auslassen und euch lieber andere Ziele suchen, um später gestärkt wiederzukommen. Aber Überraschung!
Der Vulkan ist gar nicht so schwer, es dauert nur lange ihn komplett abzuarbeiten. Entsprechend sind die Gegner jetzt viel zu leicht und der Loot wandert direkt in den Müll.
Vielleicht korrigiere ich mich an dieser Stelle doch nochmal. Auch nicht gut platzierte Restrictions können ein Spiel kaputt machen.
Kurz gesagt. Restrictions sind all die Dinge die der Spieler nicht kann. Sie entstehen meisten aus der Struktur des Spieles heraus und sind recht offensichtlich. Dennoch müssen sie klar gemacht werden und in bestimmten Fällen kann es passieren das Signifier für Restrictions platziert werden die gar nicht existieren.
4. Beispiel
Zu guter letzt hier nochmal eine Map ohne diese Punkte beachtet zu haben.
Ich möchte an dieser Stelle bei dem freundlichen Spender bedanken. Ich hätte es ohne dich nicht geschafft. Ne ernsthaft, ich bekomme jedes mal einen Schlaganfall wenn ich versuche sowas zusammen zu friemeln.
Falls Interesse besteht und ihr mich mit Kuchen oder Würstchen bestecht, wäre ich eventuell bereit ein Interaktives Erlebnis (aka Spiel) zur Verfügung zu stellen. Das könnte allerdings etwas auf sich warten lassen, ich brauche dann erstmal ein Spenderherz.
Neben dem grausamen Mapping besitzt die Map einige gravierende Fehler was Signifier angeht. Könnt ihr alle finden?
Bitte beachtet, dass alles unter Verwendung der Standard Passierbarkeiten des VX Ace entstanden ist. Man kann nicht zwischen den Bäumen durch, nicht die Wände hochklettern, über Zäune springen oder hinter Dächer rumlaufen.
Auflösung
Bevor ich es vergesse (zu spät ), wenn man sich tiefer in die Materie einlesen will empfehlen ich zum Einstieg ein Buch von Don Norman.
"The Design of Everyday Things" Amazon Link
Es ist ein gutes Werk für Einsteiger. Teilweise etwas ermüdend zu lesen da es viele Fachtermini einführt und erklärt, aber gut verständlich und mit vielen Beispielen.
Es ist aber auf Englisch.
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